Blick aus Oslo:Wenn der Stromer nervt

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In Norwegen sind E-Autos so erfolgreich, dass sie Ärger machen

Von Silke Bigalke

Wer mal mit einem Tesla durch Oslo gefahren ist, kennt den genervten Blick, den mancher Osloer der Elektro-Limousine zuwirft. Elektroautos gibt es in Norwegen ja mittlerweile so viele, dass sie sich manchmal gegenseitig im Weg stehen. Zum Beispiel auf der Busspur, die sie als Belohnung für klimafreundliches Fahren mitnutzen dürfen. In Oslo gab das bald Ärger mit den Busfahrern, weil die vielen E-Mobile ihre Spur verstopften. Die Stadt hat reagiert: Während der Rushhour dürfen Elektroautos dort nur noch fahren, wenn mindestens zwei Personen drin sitzen.

Grundsätzlich stehen die Norweger hinter der beispiellosen Förderung, die sie zu Vorreitern macht: Nirgendwo in Europa ist der Anteil der Elektroautos höher als in Norwegen. Knapp 100 000 fahren dort bereits auf den Straßen, man erkennt sie am Nummernschild: EL steht darauf, dahinter passt eine fünfstellige Zahl. Für das hunderttausendste Elektroauto müssen die Behörden sich also etwas Neues ausdenken, EL wird dann EK für "elektrisk kjøretøy", das heißt elektrisches Fahrzeug. Mehr als jedes fünfte Auto, das die Norweger 2015 gekauft haben, war ein Elektroauto. Im Jahr 2025 sollen sie sich nur noch Fahrzeuge anschaffen, die keine oder kaum Emissionen ausstoßen, niemand soll dann mehr Wagen mit Benzin- oder Dieselmotor kaufen. Das gilt in Oslo als beschlossene Sache, die nun im nationalen Verkehrsplan festgeschrieben wird. Über den stimmt das Parlament voraussichtlich im Frühjahr ab. Als nächstes möchte die Regierung in weitere Ladestationen investieren, da herrscht Nachholbedarf.

Die hohen Subventionen sind auch deswegen möglich, weil Autos in Norwegen teuer sind: Wer einen Neuwagen kauft, zahlt eine Einkaufssteuer, die unter anderem vom CO₂-Ausstoß abhängt und im Schnitt bei umgerechnet knapp 11 000 Euro liegt. Beim Elektroauto fällt sie weg, genauso wie die 25 Prozent Mehrwertsteuer. Das macht je nach Wagen mehrere tausend Euro aus. Eigentlich sollte die Förderung bereits auslaufen, die Regierung hat sie verlängert. Manche kritisieren, dass sie so das Autofahren an sich und eben auch teure Limousinen fördert, die sich nicht jeder leisten kann. Deswegen kassieren Tesla-Fahrer auch manchmal genervte Blicke.

Hinter den ehrgeizigen E-Auto-Plänen steht eine ambivalente Klimapolitik in Norwegen, dessen wichtigste Einnahmequelle immer noch das Öl ist. Weil die Regierung die Erdöl-Produktion nicht einschränken möchte, muss sie die Emissionen für ihre Klimaziele anderswo einsparen. Da bleibt fast nur der Verkehr.

© SZ vom 17.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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