Bildungsreferat:Kosten für Schulsanierungen verdoppeln sich auf neun Milliarden Euro

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Wundersame Mehrung: Die Kosten für die Schulbauoffensive in München haben sich binnen weniger Tage verdoppelt. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Schulbauoffensive in München soll in den kommenden 15 Jahren rund neun Milliarden Euro kosten.
  • Das ist doppelt so viel Geld, wie das Bildungsreferat zu Beginn des Jahres grob geschätzt hatte.
  • Die Erklärung für die eklatante Differenz ist nach Angaben des Bildungsreferats einfach.

Von Melanie Staudinger, München

Die Schulbauoffensive in München wird mindestens doppelt so teuer als ursprünglich angenommen - offensichtlich weil sich das städtische Bildungsreferat grob verschätzt hat. Erst im März 2015 hat Stadtschulrat Rainer Schweppe verkündet, dass die Stadt in den kommenden 15 Jahren etwa 4,5 Milliarden Euro in die Sanierung maroder Gebäude und den Neubau von Schulen investieren muss.

Wie das Bildungsreferat die Differenz erklärt

Nun spricht Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) plötzlich von knapp neun Milliarden Euro, die für das Aktionsprogramm nötig sein werden. Das Bildungsreferat erklärt diese eklatante Differenz damit, dass nun eben eine konkretere Planung vorliege als noch vor ein paar Monaten.

Dass die Summe, die Schweppe bekannt machte, doch erheblich von den aktuellen Zahlen der Kämmerei abweichen, sieht eine Sprecherin des Bildungsreferats nicht als Problem. "Mittlerweile sind viele Projekte in einem fortgeschritteneren Planungsstand, der eine sicherere Kalkulation erlaubt", sagt sie.

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Dazu gehörten nicht nur Neubauten, sondern auch Sanierungen und Erweiterungen - letztere sollen also in Schweppes Rechnung vom März nicht enthalten gewesen sein. Auf der Homepage des Bildungsreferats findet sich hingegen immer noch der Betrag von 4,5 Milliarden Euro - auf der Seite, die das komplette Aktionsprogramm inklusive Sanierungen und Erweiterungen beschreibt.

Für Kosten sei im Übrigen die Kämmerei zuständig

Wenn es um Kosten gehe, sei man zudem gar nicht zuständig, sagt die Sprecherin. Um Finanzierungsfragen generell kümmere sich die Kämmerei, um die Beträge für konkrete Vorhaben das Baureferat. Man selbst nenne lediglich die Bedarfe. Von der Kämmerei hat nun auch OB Reiter seine Zahlen bekommen. Diese hat erstmals alle angedachten Maßnahmen durchkalkuliert.

Auf beschlossene und schon laufende Vorhaben entfallen demnach eine Milliarde Euro, auf anstehende Bauprojekte in der höchsten Priorität mehr als sechs Milliarden und in der zweithöchsten noch einmal 1,5 Milliarden Euro. Wie das Bildungsreferat auf den halben Betrag kommen konnte, will die Sprecherin der Kämmerei nicht kommentieren.

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Neun Milliarden Euro in 15 Jahren: Ein Schulbauprogramm mit diesem Volumen dürfte einzigartig in Deutschland sein und stellt München vor große Herausforderungen. In den kommenden 15 Jahren sollen 45 neue Schulen entstehen, darunter 24 Grundschulen, fünf Realschulen und sieben Gymnasien.

Daneben stehen zahlreiche Generalinstandsetzungen und Erweiterungen an. Alleine 60 Grundschulen sollen umfangreich saniert werden. Lange ist an Münchens Schulen baulich kaum etwas passiert. In den vergangenen 20 Jahren wurden in München lediglich 13 neue Grundschulen gebaut und 18 bestehende saniert.

Die meisten Schulen sind zu klein

Besonders dramatisch hat sich der Sparkurs auf die weiterführenden Schulen ausgewirkt. Einer aktuellen Statistik der Stadt zufolge ist mehr als die Hälfte der 38 öffentlichen Gymnasien zu klein, fast 40 Prozent der Gebäude müssen dringend renoviert werden. Ähnlich sieht es bei den Realschulen aus. Von den 19 Standorten bieten 15 zu wenig Platz, bei fünf wäre eine Sanierung angebracht.

Dass den Schulen der Platz ausgeht, liegt aber nicht nur am Sanierungsrückstand. Der gestiegene Bedarf resultiert auch daraus, dass es immer mehr Schüler gibt. Seit dem Jahr 2011 ist die Zahl der Schüler um fast 8500 auf mittlerweile 101 200 gestiegen. Durch die Inklusion von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf oder Behinderung an Regelschulen und den Ganztagsausbau brauchen die Schulen zusätzlich mehr Raum.

Im Jahr 2013 hat die Stadt deshalb die Arbeitsgruppe Schulbauoffensive, der Experten aus mehreren Rathausabteilungen angehören, gegründet. Das Gremium hat nach zwei Jahren bisher eine Liste der wichtigsten Bauvorhaben vorgelegt. Doch selbst die Schulen, die die oberste Priorität haben, müssen noch länger warten. Zwei bis fünf Jahre, so schätzt das Bildungsreferat, dauert es von den ersten Überlegungen bis zur Inbetriebnahme einer Schule. Kurzfristig will das die Stadt die Platznot mit Schulcontainern lindern.

© SZ vom 20.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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