Bildung:Rigorose Rechnung

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Die Eltern fürchten, dass wegen des Umbaus der Grundschule am Canisiusplatz noch weniger Platz für ihre Kinder zur Verfügung steht. (Foto: Catherina Hess)

An der Grundschule am Canisiusplatz protestieren Eltern, weil künftig 27 statt wie bisher 20 Kinder in einer Klasse lernen. Die Rektorin könnte daran nur etwas ändern, wenn sie mehr Schüler mit Migrationshintergrund hätte

Von Melanie Staudinger

Natürlich wäre es Heike Kunz lieber gewesen, wenn die Sache ganz anders gelaufen wäre. "Jeder Schulleiter freut sich über kleine Klassen", sagt die Rektorin der Grundschule am Canisiusplatz in Großhadern. Schön wäre es gewesen, wenn die Klassengemeinschaften in der jetzigen zweiten Jahrgangsstufe auch im kommenden Jahr erhalten geblieben wären. Doch von September an wird sie aus den jetzt vier zweiten Klassen drei dritte machen müssen. Der Grund: Die Zahl der Schüler reicht nicht aus. Nun müssen sich bis zu 27 Kinder ein Klassenzimmer teilen. Zuvor waren es um die 20. Ihre Intervention beim Schulamt blieb erfolglos. "Es gibt keinen Spielraum", sagt Kunz.

Und das liegt dieses Mal nicht vorrangig daran, dass der Freistaat zu wenige Lehrer eingestellt hat, werden in diesem Jahr doch alle Bewerber für Grundschulen übernommen. Verursacher der Misere an der Canisius-Schule ist dennoch das Kultusministerium. Das legt immer im Mai die Regeln für die Klassenbildung fest - und die sind bindend in ganz Bayern. "Wir müssen uns an diese Richtlinien halten", sagt Schulamtsleiterin Alexandra Brumann. Und diese besagen, dass in Grundschulklassen mindestens 13 Kinder sitzen müssen und höchstens 28 dürfen. Die Ausnahme: Hat mehr als die Hälfte aller Mädchen und Buben eines Jahrgangs nicht Deutsch als Muttersprache, ist im Ausland geboren oder besitzt eine andere Staatsangehörigkeit, dann ist die Klassenstärke auf 25 begrenzt.

Diese Regeln können schnell einen Unterschied machen. Zählt eine Jahrgangsstufe 76 Kinder, deren Migrationsanteil weniger als 50 Prozent beträgt, werden sie auf drei Klassen verteilt. In zwei Klassen sitzen 25, in einer 26 Kinder. Liegt der Migrationsanteil bei mehr als 50 Prozent, gibt es vier Klassen mit jeweils 19 Kindern. Fünf bis zehn Zusammenlegungen seien pro Schuljahr geschätzt nötig - in der Regel trifft es die zweiten Klassen. Das Schulamt kann die Maßnahme nach eigenen Angaben nicht umgehen: Die Lehrerstunden werden nach den Kriterien für die Klassenbildung zugewiesen. Macht Brumann mehr Klassen, reichen die Lehrer nicht.

Große Klassen sind in Münchner Grundschulen eher die Ausnahme. 53 Prozent aller Klassen haben zwischen 21 und 25 Schüler, 35 Prozent 16 bis 20 Schüler und vier Prozent weniger als 15 Schüler. In acht Prozent aber sitzen mehr als 25 Kinder in einem Zimmer. "Das sind die Fälle, in denen sich die Eltern ärgern", sagt Brumann.

Wie an der Canisius-Schule: Dort protestieren die Familien gegen die Zusammenlegung, zumal aus ihrer Sicht mehrere Belastungsfaktoren zusammentreffen. Die angehenden Drittklässler müssten sich eben nicht nur mit einer neuen Lehrerin zurechtfinden, sonder n auch in einer neuen Klasse zusammenfinden. Dazu komme, dass sie wie in vielen anderen Schulen auch wegen Bauarbeiten am Gebäude in Container ausgelagert sind - die Räume dort seien zu klein für 27 Kinder. In Schreiben an das Kultusministerium versuchten die Eltern, eine Klasse mehr zu bekommen. Ohne Erfolg. Nun wollen sie zumindest zusätzliche Stunden, um die Klasse teilen zu können. Eine letzte Hoffnung bleibt: Endgültig stehen die Klassen am ersten Schultag fest. "Kommen noch genügend Kinder dazu, teilen wir die Klassen wieder", sagt Brumann.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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