Bildband über Essen:Teller, nicht Tonne

Lesezeit: 2 min

Zutaten für Schweinebauch in Zitronengras-Koriandersud: Das Food Art Book will mit solchen Bildern die Wertschätzung für Lebensmittel erhöhen. (Foto: Augustundjuli/oh)

81,6 Kilo an Lebensmitteln wirft jeder Deutsche pro Jahr weg - ein Bildband soll auf das Problem aufmerksam machen

Von Andreas Schubert

Viele kennen das: Schon wieder sind die Äpfel so lange im Obstkorb liegen geblieben, bis sie verfault sind, die übrig gebliebene Lasagne, die man am nächsten Tag so schön noch hätte aufwärmen können, ist nach einer Woche im Kühlschrank reif für den Müll, der Joghurt seit drei Wochen abgelaufen, das Brot vertrocknet und so fort.

Lebensmittel sind in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern günstig zu haben. Dieser Umstand mag zu einem unnötig sorglosen Umgang mit Essen beitragen. Der führt wiederum dazu, dass jeder Deutsche im Jahr 81,6 Kilo Lebensmittel wegwirft. Zu diesem Ergebnis ist zumindest eine Studie der Universität Stuttgart im Jahr 2012 gekommen. Jetzt haben die Fotokünstler Julia Hildebrand aus Wasserburg und Ingolf Hatz aus München einen Bildband herausgebracht, der sich mit dieser Verschwendung beschäftigt. "81,6 kg - Food Art Book" heißt der Band. Dieses Gewicht entspricht in etwa dem eines durchschnittlichen deutschen Mannes zwischen 25 und 30. "Als wir das erste mal von dieser Zahl hörten, waren wir schockiert", schreiben Hildebrand und Hatz im Vorwort ihres Buchs, das Ende Oktober erschienen ist. Beide sagen, dass sie zwar bewusst einkaufen. Bei einem Selbstversuch über sieben Monate hätten sie aber festgestellt, dass doch so einiges in die Tonne wanderte.

Das Buch soll die Wertschätzung für Lebensmittel erhöhen. Laut einer Studie der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAP) gehen etwa ein Drittel der für den menschlichen Verzehr produzierten Lebensmittel schon auf dem Weg vom Feld zum Teller verloren. Diese Verluste müssten dringend reduziert werden, schreibt Gerold Hafner von der Universität Stuttgart in dem Buch. Dass die Menschen sich der Verschwendung bewusst würden, sei schon ein wichtiger Schritt, sie zu vermeiden. Wer zu Hause ein Haushaltstagebuch führe, so Hafner, könne den Umgang mit Lebensmitteln verbessern.

Hildebrand und Hatz haben den künstlerischen Weg gewählt. Auf 185 Seiten zeigen sie Bilder von Lebensmitteln, die jeweils für ein Rezept stehen. Zählt man das Gewicht aller einzelnen Zutaten zusammen, kommt man am Ende auf genau 81,6 Kilo. Um gleichzeitig auf die Problematik der Verpackung aufmerksam zu machen, sind Fleisch, Obst, Gemüse oder Kräuter in Seidenstrümpfe verpackt. Denn weil die meisten Lebensmittel aus dem Supermarkt verpackt sind, werde unter anderem zu viel gekauft und die Verbraucher tendierten dazu, sich Vorräte anzulegen. Diese wanderten nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums allzu oft in den Müll.

In der Tat gibt das Buch aus der Edition Longo (39,90 Euro) zu Denken. Und es hat einen weiteren praktischen Wert: Die beiden Köche Maria und Mike Schmid-Oehlke, die unter anderem im Münchner Königshof gearbeitet haben, haben eine Rezeptsammlung erstellt mit nicht allzu schwer nachkochbaren, internationalen Gerichten - vom Coq au vin bis hin zum Kaspressknödel.

© SZ vom 24.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: