Bei den Medientagen:Öffentlich-rechtliches Sparen

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Der Bayerische Rundfunk muss ein Millionendefizit abtragen, egal wie. Bei den Medientagen verzichtet er auf seine Promi-Lounge

Von Thomas Schmidt, München

Die Bundeskanzlerin hält am Dienstag die Eröffnungsrede, es folgen zwei Tage lang Vorträge und Diskussionen mit vielen wichtigen Menschen aus Film, Fernsehen, Rundfunk und Zeitungen. Die Medientage sollen bis Donnerstag in der Riemer Messe wieder eine Art Jahrestreffen der Branche sein, inzwischen zum 30. Mal und diesmal vorrangig zum Thema, wie die neue Mediennutzung die Gesellschaft verändert. Natürlich geht es an den drei Tagen, an denen 6000 Teilnehmer erwartet werden, nicht nur darum, Vorträgen zu lauschen und zu debattieren. Wichtiger noch ist es, Kontakte zu knüpfen und Netzwerke zu pflegen. Genau dafür war die eigene Medienlounge des Bayerischen Rundfunks (BR) in den vergangenen neun Jahren gedacht: Ein kleiner Rückzugsort fern der Hektik, um bei Häppchen und Getränken in trauter Abgeschiedenheit zu konversieren.

Doch damit ist jetzt Schluss. Die BR-Lounge wird es heuer nicht geben, der Sender hat sie gestrichen "aufgrund der allgemein angespannten finanziellen Lage", wie es in einem Schreiben an frühere Gäste der Lounge heißt. Und auch intern wird das Ende den Mitarbeitern mitgeteilt, so dass prompt lästerliche Reden im Rundfunk geführt werden: Der Sparzwang und -wille werde ein bisschen arg öffentlich und zugleich weinerlich demonstriert, heißt es auf den Gängen des BR. Dort ist die finanzielle Lage des Hauses nach wie vor Gesprächsthema Nummer eins, denn sie ist schon seit Langem derart prekär, dass selbst vermeintlich kleine Posten rigoros gestrichen werden. So eben auch die Lounge bei den Medientagen: Die Entscheidung sei "schmerzhaft", sagt BR-Sprecherin Sylvie Stephan. Die Kosten für die Lounge gibt sie mit einem "mittleren fünfstelligen" Betrag an. Eine bescheidene Summe angesichts dessen, dass der Sender seit 2010 ein Defizit von 101 Millionen Euro angehäuft. Vor allem die hohen Personalkosten und Pensionsrückstellungen in Millionenhöhe belasten das Budget. Was machen da aber ein paar Zehntausend Euro aus? BR-Sprecherin Stephan spricht von einem "Teil einer größeren Gesamtanstrengung". Viele kleine Einsparungen ergäben am Ende eben Millionen. So wurden etwa auch die Funkbälle abgesagt, der traditionelle Empfang beim Münchner Filmfest wurde gestrichen. Und es gab vor allem Einschnitte im redaktionellen Bereich: Auf Bayern 2 wurde bereits die "Nachtsession" eingestellt. Die Redaktionen "München" und "Oberbayern" legte der Sender schon zum Jahreswechsel zusammen.

Die vielen Einzelmaßnahmen zeigten inzwischen Wirkung, sagt BR-Sprecherin Stephan. Die Etats von 2014 und 2015 senkte der BR jeweils um rund 20 Millionen Euro, und auch in diesem Jahr sollen weitere 20 Millionen weniger ausgegeben werden. Ein weiteres Sparpaket für 2017 sei in Planung. "Bereits beschlossen wurde die Halbierung der Fernsehproduktion innerhalb der kommenden zehn Jahre", so Stephan. "Wir sind noch nicht über den Berg, aber ein entscheidendes Stück weiter gekommen."

Die Medientage können es verschmerzen, dass es erstmals seit 2007 keine BR-Lounge mehr geben wird. "Wir bedauern das", sagt deren Sprecherin Anja Kistler, aber "der normale Besucher wird das wohl nicht registrieren." Zudem bleibe der BR als Partner ja erhalten: Er wird einen eigenen Stand haben, selbst viele Diskussionen veranstalten und auf seinen Kanälen über die Messe berichten. Auch die Übertragung der Eröffnung ist geplant. Das dürfte die Bundeskanzlerin wohl über den Verlust der Lounge hinwegtrösten.

© SZ vom 24.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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