Häftling geohrfeigt:Polizist muss Uniform abgeben

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Er träumte von einer Karriere als Personenschützer im Staatsschutzdezernat - doch dann musste der Polizist Falschparker notieren und Dienst in der Hauswache schieben. Im Dienst ohrfeigte er jedoch einen Häftling und fragte illegal Daten des Inpol-Systems ab. Jetzt muss der Beamte die Uniform ganz abgeben.

Ekkehard Müller-Jentsch

Groß gewachsen, brauner Teint und superkurzer Haarschnitt - der 36-jährige Polizeiobermeister aus der schwäbischen Provinz träumte von der Elitetruppe im Münchner Polizeipräsidium: Personenschützer im Staatsschutzdezernat wollte er werden.

Seit Montag weiß er, dass höchstens ein Job in der Uniform eines privaten Wachdienstes für ihn erreichbar ist. Eine Disziplinarkammer des Verwaltungsgerichts verurteilte den Mann, den grünen Staatsrock abzulegen. Eine Ohrfeige hinter Gittern und illegale Datenabfragen haben den Beamten für Dienstherrn und Öffentlichkeit untragbar gemacht, stellte das Gericht fest.

Aus kleinen Verhältnissen wollte sich der Mann hocharbeiten. Er ließ sich beim Bundesgrenzschutz ausbilden, heute heißt diese Truppe Bundespolizei. Weil ihm Streifendienst im Stuttgarter Hauptbahnhof aber nicht so recht schmeckte, ließ er sich nach München versetzen. Das "K 46" war sein großes Ziel.

Doch nicht als Bodyguard für wichtige Persönlichkeiten setzte man ihn ein: Er musste vielmehr Dienst in der Hauswache schieben oder sollte Falschparker notieren. Trotzdem trainierte der Mann unverdrossen privat Kampfsport, um jederzeit für den Aufstieg gerüstet zu sein.

Als ihm in seinem Kampfsportclub Gerüchte über den Trainer zu Ohren kamen, wollte er diesem Geflüster über Körperverletzung und Waffendelikte auf den Grund gehen: Über das dienstliche Inpol-System fragte der Beamte die einschlägigen Vorstrafen seines Faustkampflehrers ab. Einer Ex-Freundin spürte er ebenfalls auf diese Weise nach, als die in eine Fahrerflucht verstrickt sein sollte.

Auch seine beiden Brüder wurden ausgeforscht, weil die immer wieder mal dabei erwischt wurden, wie sie etwas Verbotenes rauchten. "Ich wollte einfach wissen, ob sie wieder Mist gebaut haben", sagte der Beamte nun in der Disziplinarverhandlung.

Als er eines Tages in der Haftanstalt des Präsidiums Dienst hatte, fühlte er sich durch einen Tatverdächtigen aus dem Osten genervt, der dauernd nach dem Schließer klingelte, weil er rauchen wollte. Schließlich ergab ein Wort das andere. Als der Häftling ihm "Kurwa" zuzischte, rutschte dem Polizisten die Hand aus. "Kurwa" bedeutet in Polen eigentlich Hure oder Schlampe, wird aber weitgehend auch als gewöhnliches Fluchwort verwendet, wie "Mist" in Deutschland.

Wegen dieser Körperverletzung im Amt ist der Polizist rechtskräftig vorbestraft: zusammen mit den Datenschutzverstößen Grund genug zur "Entfernung aus dem Dienst", wie nun das Gericht bestätigte.

© SZ vom 13.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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