Bauordnungsnovelle und Umbauten in der Augustenstraße:Leserbriefe

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Nur noch Verzweiflung

Zu "Kein Platz, nirgends" vom 12. März:

Beim Lesen hatte ich in mehreren Funktionen das Gefühl, etwas zu diesem Text sagen zu müssen. Als Architekt mit mehreren Bauvorhaben innerhalb Münchens aber eben auch im Landkreis habe ich nach der eben erfolgten Novellierung der Bayrischen Bauordnung jeglichen Glauben an Hilfe von oben verloren. Begründung für die Novellierung war ja die Vereinfachung baurechtlicher Regelungen und die Beschleunigung und Förderung des Wohnungsbaus. Dass das nicht klappen würde, war schon vorher klar, aber dass nun tatsächlich das genaue Gegenteil eintritt, muss man erst mal schaffen.

Nachdem eine Vielzahl der bayerischen Gemeinden in der letzten Januarwoche eigene Satzungen zur Abstandsflächenregelung erlassen haben, ist bei den Kollegen im Landratsamt nur noch Verzweiflung zu spüren. Die haben teilweise bis zu fünf Gemeinden zu betreuen und in jeder Gemeinde eine andere Satzung. Es ist aus meiner Sicht auch abzusehen, dass einige davon nach der ersten Klagewelle wieder kippen.

Alle unsere Bauanträge, die wir vor dem Februar abgegeben haben, müssen wir dementsprechend nachbessern.

Die Städte über 250 000 Einwohner haben sich komplett aus dem scheinbar doch nicht gewünschten Thema Verdichtung verabschiedet. Ich dachte eigentlich, dass gerade dort Handlungsbedarf bestanden hätte. Die restlichen Neuerungen, wie die Genehmigungsfiktion, hat, glaube ich, bisher noch niemand wirklich verstanden. Das ist aber eigentlich auch egal, weil von unseren Bauherren sowieso keiner ohne eine richtige und geprüfte Baugenehmigung bauen wird, wenn er späteren Rechtsstreit vermeiden will. Im Übrigen verlangen auch Banken für Finanzierungen etwas mehr als ein Blatt Papier.

Nach 30 Jahren Berufspraxis in München und vielen Wohnbauprojekten für die meisten der kleinen und großen Bauträger in dieser Stadt habe ich den so oft beschriebenen bösen Immobilienhai noch nicht gefunden. Architektonische Qualität wird immer mehr eingefordert, und das betrifft auch die Kollegen Landschaftsarchitekten. Alter Baumbestand steht einer guten städtebaulichen Planung bei Verdichtung aber leider oft im Weg. Bäume haben nicht das ewige Leben. Ich halte es für fatal, eine zweitklassige städtebauliche Lösung zu wählen, um einen Baum zu erhalten. Da ist allen mit entsprechenden Neupflanzungen mehr gedient, und dazu sind ja alle Bauträger auch gerne bereit.

Als Vater von drei Kindern habe ich zur Regulierungswut bei Spielplätzen folgende Anmerkung: Die von Ihnen beschriebenen Alibispielplätze werden bisher ja alle gebaut, meistens bei kleineren Bauvorhaben nicht genutzt, und sie entsprechen auch nicht dem Bedarf einer jungen Familie. Da trifft man sich lieber auf einer größeren Spielfläche, die gepflegt wird und wo man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann, ohne immer nur die Nachbarn zu treffen. Kinder über zehn Jahren werden da gar nicht erfasst. Aber gerade sie sind es ja, die sich mal irgendwo treffen wollen, ohne dass ihnen die letzten Bänke unterm Arsch weggeschraubt werden wie am Kuntersweg in Harlaching.

Da habe ich mit Möglichkeit einer Ausgleichszahlung doch noch etwas Hoffnung gefasst.

Michael Biedermann, München

Nicht noch mehr Aufwertung

Zu "Da ist was im Busch" vom 13./14. Februar: "Finger weg von der Augustenstraße", dazu stehe ich weiterhin, und ich bin trotz allem Gendern nach wie vor SZ-Leser und nicht SZ-Leserin. Was stört den Bezirksausschuss eigentlich an der Augustenstraße? Hat jemand mal die Anwohner, Geschäftsinhaber oder die sicherlich vielen tausend Passanten dort gefragt, was dort anders sein sollte? Mängel in der Aufenthaltsqualität, auf die sich der BA anscheinend beruft, können es ja nicht sein, sonst würden die Straße und die dortigen Geschäfte und Imbisse nicht von so vielen Personen täglich frequentiert.

Ich behaupte, das wirklich allerletzte, was sich Anwohner und Geschäftsinhaber wünschen, ist eine monatelange, wenn nicht längere, Baustelle vor ihrer Haus- oder Ladentüre mit Lärm, Dreck und eingeschränktem Zu- und Durchgang. Was es außerdem unbedingt zu vermeiden gelten sollte, ist eine weitere Aufwertung der Gegend mit entsprechenden Folgen für Wohnungs- und Ladenmieten und letztlich Vertreibung der dort ansässigen Mieter und Ladeninhaber. Ich bin nicht sicher, ob dieser und andere Bezirksausschüsse in ihren Umgestaltungseifer das immer im Blick haben.

Andreas Renner, München

© SZ vom 31.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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