Bauarbeiten:Mieter retten ihre Wiese vor dem Bagger

Lesezeit: 2 min

Schön grün: Die Grünanlage an der Ständlerstraße 58 bis 80 bleibt den Anwohner und Nachbarn auch weiterhin erhalten. (Foto: David-Pierce Brill)

Nach den heftigen Protesten der Anwohner gibt die Stadt vorerst den Plan auf, zwei Gebäude auf einer Grünfläche zu errichten, die an der lauten Ständlerstraße der einzige Ruhepol ist

Von Hubert Grundner, Ramersdorf

Die Empörung der Nachbarn und die entschiedene Kritik des örtlichen Bezirksausschusses (BA) haben offenbar Wirkung gezeigt. Die Stadt hat, wie der BA-Vorsitzende Thomas Kauer (CSU) in der jüngsten Sitzung des Gremiums berichtete, das Wohnen-für-alle-Projekt in der Siedlung zwischen Ständler-, Görzer-, Balan- und Puechbergerstraße zum Teil revidiert. Hier sollten auf insgesamt vier Grundstücken sieben Wohngebäude entstehen. Davon hätten zwei Wohngebäude die Wiese des Anwesens Ständlerstraße 58-80/Görzer Straße 76 und 76 a betroffen, die sich im Eigentum der GWG Gemeinnützige Wohnstätten- und Siedlungsgesellschaft mbH befindet. Diese beiden Baukörper wurden jetzt aus dem Sofortprogramm "Wohnen für alle" herausgenommen.

Zu diesem Meinungsumschwung trug mit Sicherheit auch eine Petition bei, die von 156 Anliegern unterzeichnet und beim Planungsreferat eingereicht worden war. In beinahe verzweifeltem Ton wehren sie sich darin gegen die Bebauung "unserer Erholungswiese". Der geplante Bau würde auf der ohnehin sehr engen Fläche direkt an Kindergarten und Schule grenzen. Eltern und Lehrer sorgten sich um die Sicherheit der Kinder. Nicht zuletzt aber seien sie, die Mieter, betroffen: Sie könnten die Fenster ihrer Wohnungen zur Straßenseite wegen des Verkehrslärms und des Benzin- und Dieselgestanks nicht öffnen. Die Ständlerstraße sei Zubringer zur Salzburger Autobahn und Hauptverbindung zwischen zwei Krankenhäusern, was praktisch rund um die Uhr zu Notarzteinsätzen inklusive Martinshorn führe.

Die einzige Möglichkeit für die Mieter, um Frischluft zu schnappen und etwas Ruhe zu genießen, bestehe auf der Seite, die der Wiese zugewandt ist. Hier lebten auch viele Vögel, Eichhörnchen und anderes Getier, die Bäume sorgten für Sauerstoff. Außerdem hätten sie dann auch keinen Platz mehr, um Wäsche aufzuhängen, so die Petenten weiter, da ihnen Trockenräume und Balkone nicht zur Verfügung stünden. Weshalb sie sich auch vehement dagegen wehrten, dass ihre einzige kleine Erholungs- und Ruheoase zerstört werden sollte.

Diese Gefahr scheint zumindest vorerst gebannt zu sein. Allerdings hält das Planungsreferat in seiner Mitteilung an den BA fest: "Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Wiese auch zukünftig nicht bebaut wird. Es wird in dem Bereich weiterhin Baurechtspotenzial gesehen." Um die Bedürfnisse der betroffenen Menschen stärker berücksichtigen zu können, solle ein Bebauungskonzept erarbeitet werden, das sich an den bestehenden Strukturen orientiert. Etwas kryptisch heißt es weiter: "Die GWG wird bei der Neuplanung auch eine Gesamtbetrachtung mit den aktuellen Nachverdichtungsüberlegungen vor Ort anstellen."

Auch wenn sich die dortigen Anwohner jetzt über den Erfolg ihrer Petition freuen können - die Erklärungen des Planungsreferates, vor allem zum Erhalt der Erholungswiese, sind alles andere als dazu angetan, die Mieter städtischer Wohnungen zu beruhigen. So verweist die Behörde darauf, dass die Stadt keineswegs über zahlreiche andere Standorte verfüge, die nicht schon mit Wohnungen oder Infrastruktureinrichtungen belegt seien und kurzfristig bebaubar wären. "In der immer dichter werdenden Stadt werden die Flächen knapp. Es wird sich auch künftig immer weniger vermeiden lassen, in bestehende Siedlungen zusätzliche Wohngebäude einzufügen", sagen die Planungsexperten voraus. Die Stadt sei zwar bemüht, diese Eingriffe mit dem notwendigen Augenmaß zu gestalten, möglichst verteilt über das ganze Stadtgebiet. In einer weiter wachsenden Kommune - und zu diesem Wachstum trage die Zahl der Flüchtlinge nur einen geringen Teil bei - "sind solche Veränderungen aber nicht zu vermeiden".

Die GWG wurde demnach jedenfalls schon aufgefordert, Flächenreserven zur Realisierung zusätzlichen Wohnraums zu erkunden und umzusetzen. Auch dem Planungsreferat sei bewusst, dass dies "eine Änderung von Gewohnheiten abverlangt und zunächst einmal zu einem Gefühl von Verschlechterungen führen kann". In unmittelbarer Nähe gebe es auch größere öffentliche Grünflächen, die zu Fuß erreichbar seien. Das Freiflächenangebot in der Siedlung liege oberhalb der üblichen Werte. Und schließlich erklärt das Planungsreferat: "Aus diesem Grund ist eine verträgliche Bebauung der Wiese weiterhin geplant." Dabei sei eine gründliche Planung erforderlich, bei der die Vorstellungen der Bewohner eingebracht werden sollen.

© SZ vom 29.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: