Bauarbeiten bei U3 und U6:Wandern auf der Lindwurmstraße

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Wegen Bauarbeiten geht bei U3 und U6 nichts mehr - die Fahrgäste müssen auf Busse umsteigen. Oder zu Fuß gehen.

Marco Völklein

Der Mann ist nicht zu übersehen; groß, blond, breites Kreuz. Und seine Stimme ist auch nicht zu überhören: "Bleiben Sie einfach hier bei mir stehen", ruft Raimund Windsberger den Hunderten U-Bahn-Fahrgästen, die auf ihn zuströmen, immer wieder zu. "Bleiben Sie einfach hier bei mir stehen - der nächste Bus kommt sofort." Und umgehend bildet sich vor dem Mann mit der orangefarbenen Warnweste und dem MVG-Logo auf der Brust ein kleine Menschentraube.

Das Umsteigen von der U-Bahn in die Ersatzbusse an der Oberfläche klappt ganz gut. (Foto: Robert Haas)

Bereits in der Nacht von Sonntag auf Montag haben die Arbeiter der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) damit begonnen, im U-Bahn-Abschnitt zwischen Sendlinger Tor und Goetheplatz vier Weichen und eine Schienenkreuzung zu erneuern - bis nächste Woche Mittwoch fährt zwischen den beiden Stationen kein Zug. Die Fahrgäste müssen raus aus den U-Bahnen, die Treppen hoch an die Oberfläche, in Busse umsteigen - und sich auf Verzögerungen von 15 Minuten und mehr einstellen. "Heeee, aufpassen", schimpft ein älterer Herr, als sich ein Student auf der Rolltreppe am Goetheplatz rabiat an ihm vorbeidrängelt. "Das ist vielleicht ein Durcheinander hier."

Dennoch: Das Umsteigen von der U-Bahn in die Ersatzbusse an der Oberfläche klappt ganz gut. Zahlreiche MVG-Mitarbeiter in orangenen Westen leiten die Fahrgäste direkt zu den Bussen; Raimund Windsberger und seine Kollegen füllen zügig einen Bus nach dem anderen, lange muss eigentlich niemand warten. Dennoch wird die Fahrt bis zur nächsten Haltestelle für die Passagiere zum Geduldsspiel: Vor allem Richtung Innenstadt stehen die Busse auf der Lindwurmstraße im Stau. Am Nachmittag bilden sich am Sendlinger Tor lange Schlangen; die provisorische Bushaltestelle dort ist ziemlich beengt, weil zwei Bäume im Weg stehen.

"Oh nein, das ist mir zu voll", stöhnt eine junge Frau, als sie die Menschenmasse sieht. "Ich geh' zu Fuß." Sie ist nicht die einzige: Hunderte Menschen legen mit Aktenkoffer oder Umhängetasche bepackt die etwa 800 Meter Fußstrecke zwischen den Stationen zurück. "Da kriegt man ein bisschen frische Luft", sagt ein Mittdreißiger - und steckt sich erstmal eine Zigarette an. Es gibt aber auch weniger geduldige Menschen: "Kann man das denn nicht in der Nacht erledigen?", fragt eine ältere Dame erbost.

Nein, erklärt die MVG, die Maßnahme sei so umfangreich, das lasse sich nicht nur nachts bewerkstelligen. Eine junge Mutter bemängelt, mit ihrem Kinderwagen komme sie so gut wie gar nicht rein in einen der vollen Ersatzbusse. Zu Fuß gehen? "Neeee", sagt sie und winkt ab. "Ich hab' in Schwabing auch noch einen langen Weg bis zum Arzt - das reicht mir."

Bis einschließlich Dienstag nach Ostern werkeln die Arbeiter im Untergrund. Erst am 27.April, so sehen es die Planungen der MVG vor, werden die Bahnen von U3 und U6 wieder ohne Unterbrechung zwischen Münchner Freiheit und Implerstraße rollen. Bis dahin wird Raimund Windsberger jeden Tag am Goetheplatz stehen. Ruhig. Groß. Nicht zu übersehen. Und er wird immer wieder sagen: "Bleiben Sie hier bei mir stehen."

© SZ vom 19.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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