Basic:"Die haben einfach zugesperrt"

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Basic und die Lücke zwischen Image und Realität: Die Mitarbeiter der betroffenen Filialen wurden vor der Schließung nicht informiert - Vorwürfe an den Betriebsrat

Bernd Kastner

Basic will keine Firma sein wie jede andere. Die Bio-Supermarkt-Kette wirbt mit höchster Qualität und moralischem Anspruch, von "ganzheitlicher Verantwortung gegenüber den Menschen" ist die Rede. Armen Kindern spendiert das Unternehmen ein warmes Mittagessen, man fördert Kleinbauern in Kenia und schätze auch seine Beschäftigten sehr: "Basic lebt durch seine Mitarbeiter." Soweit die Selbstdarstellung.

Das Basic-Image hat Kratzer bekommen. (Foto: Foto: AP)

Nun kam es aber, dass Basic nach dem Debakel um den Einstieg des Schwarz-Konzerns in eine existenzbedrohende Krise schlitterte. Filialen musste man schließen, in Hagen, Münster, Köln und Karlsruhe, das geschah am vergangenen Wochenende. Vier Märkte zuzusperren ist natürlich das kleinere Übel, verglichen mit einer möglichen Pleite des gesamten Betriebs. Und in der umkämpften Lebensmittelbranche, wo Filialschließungen an der Tagesordnung sind, wäre dies auch nicht weiter der Rede wert, zumal in München zwei neue aufmachen.

Wären da nicht die Umstände der Schließung. Die 59 Mitarbeiter in den vier Märkten erfuhren erst am Samstag, dass Schluss ist. Geweint hätten sie, erzählte Basic-Boss Joachim Kreuzburg zwei Tage später der Presse, auch, weil sie die Nachricht an jenem Morgen zuerst in der Zeitung lasen. Warum hat die Firma mit dem hohen ethischen Anspruch nicht früher informiert?

Kreuzburg begründete sein Schweigen zunächst mit rechtlichen Gründen, die es unmöglich gemacht hätten, früher zu informieren. Auf Nachfrage der SZ erklärte er dann: Man habe am 23. September mit dem Gesamtbetriebsrat einen Sozialplan vereinbart, weitere örtliche Betriebsräte hätten dem zustimmen müssen. "Um die betroffenen Mitarbeiter nicht schlicht über die Schließung, sondern auch über ihr persönliches Schicksal, sprich ihr persönliches Umsetzungsangebot informieren zu können, mussten die Anhörungs- und Zustimmungsfristen der zuständigen Betriebsräte eingehalten werden."

Bei den betroffenen Mitarbeitern kam dieses Vorgehen gar nicht gut an. Einer wendet sich, auch im Namen weiterer Kollegen, an die SZ und nennt die Umstände der Schließung "brutal". Gegen Mittag sei einer der Chefs aus München gekommen, "es wurde einfach zugesperrt", dann kam die Kassenabrechnung, dann eine Mitarbeiterversammlung, und dabei das Angebot, sich versetzen zu lassen. Nach München zum Beispiel, weil dort bald zwei neue Märkte eröffnen. Problem ist nur, dass die Basic-Heimatstadt viele hundert Kilometer von Köln, Hagen oder Münster entfernt liegt, und auch Karlsruhe ist nicht wirklich in der Nähe. Illusorisch sei das für die meisten, sagt einer derer, die nun aufs Arbeitsamt müssen. Er ist wütend darüber, dass man sie bis zuletzt ahnungslos ließ: Mit den Erzeugern von Bio-Ware wolle man fair umgehen, "wir als Angestellte werden aber mit Füßen getreten. Wo sind der Anstand und die Moral der Verantwortlichen geblieben?"

Rechtlich gebe es keinen Grund, die Mitarbeiter solange im Unklaren zu lassen, betont Andreas Müller, Fachanwalt für Arbeitsrecht: "Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die es dem Arbeitgeber verbietet, die Mitarbeiter zu informieren." Die Praxis in der Branche aber sei eine andere: Man verschweige geplante Filialschließungen oft bis zuletzt, "um keine Unruhe aufkommen zu lassen".

War es vielleicht ein sozialer Akt, die Mitarbeiter so lange nicht zu informieren, bis man ihnen ein neues Jobangebot machen konnte? "Es ist ganz schwach", wenn sich der Vorstand nun damit herausrede, sagt Björn Krings, bei der Gewerkschaft Verdi zuständig für den Einzelhandel. Über die Köpfe der Betroffenen hinweg habe man deren Schicksal verhandelt. Dabei habe man offenbar mögliche Alternativen zur Schließung nicht diskutiert: Dass die Beschäftigten die Märkte in Eigenregie weiterführen, "das ist nicht unüblich in der Branche", so Krings. Oder dass man einen Sozialtarifvertrag aushandle: Dann hätten sich Geschäftsleitung, Betriebsrat und Verdi an einen Tisch setzen und einen Kompromiss diskutieren können. Verdi hält die Begründung des Basic-Chefs für eine Ausrede: "Das Image, mit dem Basic wirbt, stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. Innerhalb des Unternehmens herrscht ein Klima der Unsicherheit", sagt Krings. Hervorgerufen durch die Ungewissheit, wie es weitergeht mit der Firma, und durch die "miserable interne Informationspolitik".

An der Infoblockade habe sich auch der Betriebsrat beteiligt. Auf den sind betroffene Mitarbeiter schlecht zu sprechen, und der Verdi-Mann nennt ihn einen "zahnlosen Tiger": "Der Betriebsrat hätte die Kollegen informieren müssen." Selbst ohne juristische Pflicht wäre es aus moralischen und sozialen Gründen geboten gewesen, die Betroffenen in die Gespräche über ihre Zukunft einzubinden. "Der Betriebsrat ist offenbar zu nah dran an der Unternehmensleitung", vermutet Krings, "manche Mitglieder scheinen zu kuschen".

Der Betriebsrat erhielt von der Geschäftsleitung keine Genehmigung, sich zu dieser Kritik zu äußern. Auch die Basic-Führung will nichts mehr sagen. Man solle abwarten bis zur nächsten Pressekonferenz, dann würden wieder Fragen beantwortet, teilt die Firmensprecherin mit.

Das alles geschieht in einem Unternehmen, das seinen Mitarbeitern ein Papier mit zehn "Grundsätze" an die Hand gegeben hat, intern sprechen sie von der "Bibel": "Wir legen großen Wert auf Ehrlichkeit", heißt es da etwa unter Punkt sechs. Und unter neuntens steht: "Wir wollen eine faire und sachliche Zusammenarbeit zwischen allen Mitarbeitern. Bereitschaft zur (...) Partnerschaftlichkeit gegenüber den Kollegen zeichnen das Basic-Team aus."

© SZ vom 25.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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