Bar "Kirr Royal":Ziemlich kirre

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Im Kirr Royal sieht es tagsüber ganz anders aus als abends. Was bei Tageslicht eine spröde Bar ist, wird am Wochenende nachts zum Party-Tempel. (Foto: Haas)

Sie gehört zu den trashigsten Bars, die München zu bieten hat: Im Kirr Royal an der Rosenheimer Straße wird Champagner von Papis Loveday auf Schinkennudeln oder Kaiserschmarrn gereicht - in schrägem 80er Jahre-Ambiente. Eine Gratwanderung zwischen Kitsch und Kult.

Von Philipp Crone

Kirr Royal, das kann zweierlei bedeuten. Erstens, und das ist naheliegend: Die Betreiber wollten sich den Charme der Dietl-Serie in ihre Bar an der Rosenheimer Straße holen, aber da der Begriff "Kir Royal" geschützt ist, haben sie eben irgendwo einfach noch einen Buchstaben angefügt. Nun ist es aber so, dass in diesem Lokal mit der halbrunden Riesentheke und den Glaswänden zur Passage und zur Straße hin nicht wirklich viel auf die glamouröse Serie hindeutet, die den Klatschreporter Baby Schimmerlos in die champagnergetränkten Edelabsteigen der Stadt führt. Also kommt doch eher die zweite Möglichkeit zum Tragen: Kirr kommt von kirre, ein bisschen verrückt. Und das trifft's schon eher.

Denn man muss schon ein wenig verrückt sein, um im 21. Jahrhundert in München eine originale Bar aus den 80er Jahren aufzumachen. Vom Charme der aktuellen Gastromode ist hier eher wenig zu spüren. Durchkomponierte Räume mit Nischen und Ecken, in hellen Farben? Keine Spur. Rote Kunstlederbänke, schwarze Kunstledersitze, auf der Terrasse Korbstühle. Die Karte ist ein All-in-one-Angebot. Vom Schnitzel über Toast Hawaii und Schinkennudeln bis zu Tiramisu und Kaiserschmarrn, vom Cappuccino bis zum Champagner. Der ist allerdings einzigartig, die quietschgrüne und rosafarbene Variante, die das ebenso quietschkirre Münchner Model Papis Loveday vertreibt.

Und wer genauer hinsieht, der kann die Einrichtung auch beinahe schon wieder ausgefeilt finden. Die Steinnymphe, die auf der Terrasse mit ihrer Amphore das kleine Beet zu ihren Füßen gießt. Der Flamingo im Logo des Ladens, bei dem man nicht genau weiß, ob er den Hals so verdreht, weil er gerade tanzt, oder ob er die Augen vor der Einrichtung verschließt. Und dann der Gast am Tresen, der "einen Caipi per favore" bestellt und dann seinem Nebenmann erklärt: "Mei, damals, als hier nebenan noch das East Side war, da ging's noch ab. Jetzt ist ja alles in der Innenstadt."

Das Publikum ist deutlich über 40, bestellt mittags kleine Weißbiere, abends Averna und wippt im Takt der Best-of-Platte von Depeche Mode. Doch so leicht lässt sich das Kirr Royal nicht als missglückte Retronummer mit Passagen-Charme abkanzeln. Die Betreiber gehen mit einem derartigen Elan vor, dass es nicht verwundert, wenn die Gäste bei den Achtziger-Partys am Wochenende auf der Theke tanzen.

Diese Bar an der Promenade von St. Tropez, sie wäre Kult. Aber gegenüber vom Gasteig an der rauschenden Rosenheimer neben Kik und anderen Discountern? Zumindest für Achtziger-Fans ist das Lokal am Wochenende eine Alternative, wenn Stroboskop und Lichtorgeln aus der Bar einen kirren Tanzladen machen, und die Lichter der vorbeirasenden Autos noch zur Stimmung beitragen.

© SZ vom 26.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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