Bankraub vor 19 Jahren:Geiselnehmer gesteht vor Gericht

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Der Angeklagte Paun O. im Verhandlungssaal des Landgerichts in München neben seiner Verteidigerin. (Foto: dpa)

Mit Faustschlägen und Elektroschocks hat die Bande ihre Opfer gequält. Die Bankräuber nahmen Angehörige von Mitarbeitern einer Bank als Geiseln, damit ihnen der Tresorraum geöffnet wird. Nach 19 Jahren steht nun der Anführer in München vor Gericht.

Von Christian Rost

Die Quälereien, die eine Familie und ein Ehepaar aus München über sich ergehen lassen mussten, waren sadistisch. Ihre fünf Peiniger drohten mit Vergewaltigungen und Erschießungen. Mit Faustschlägen und Elektroschocks traktierte die Bande um Paun O. die drei Frauen, zwei Männer und auch die drei Kinder, die sich mehr als 17 Stunden in ihrer Gewalt befanden. Die Bande verfolgte dabei nur ein Ziel: Der Bankmitarbeiter Hubert T. und seine Kollegin Maria H. ( Namen geändert) sollten den Tresorraum der BFG-Bank am Promenadeplatz aufschließen. Die Bande hatte die Angehörigen der beiden Angestellten als Geiseln genommen. Der Drahtzieher, Paun O., muss sich seit Montag am Landgericht München I für die Tat verantworten.

Auf erpresserischen Menschenraub in acht Fällen lautet die Anklage - 19 Jahre nach der Geiselnahme. O. war als einzigem die Flucht gelungen, nachdem er und seine Komplizen aus der Bank 1,5 Millionen Mark erbeutet hatten. Während seine Mittäter, zwei Ehepaare, unmittelbar nach der Geiselnahme am 25. Juni 1994 in ihrer Wohnung beim Zählen der Beute festgenommen werden konnten, weil sich ein Zeuge deren Autokennzeichen gemerkt hatte, war O. in seiner Heimat Serbien untergetaucht. Dort saß er von 2001 bis 2012 in Haft wegen Mordes - im Streit um Arbeitslohn hatte er den Chef einer Firma erschossen. Nach seiner Haftentlassung reiste er mit falschem Namen nach Österreich. Er rechnete nicht mehr damit, dass die Polizei wegen der Münchner Geiselnahme noch immer nach ihm fahndete. Im Herbst 2012 wurde er in Tirol festgenommen.

Seine damaligen Komplizen sind längst wieder auf freiem Fuß. Ein Münchner Gericht hatte sie zu Haftstrafen von fünfeinhalb bis siebeneinhalb Jahren verurteilt. Im Verfahren gegen Paun O., den Anführer der Bande, wollte die Staatsanwaltschaft nun eine wesentlich höhere Strafe und zusätzlich die Sicherungsverwahrung erreichen. Um den damaligen Opfern als Zeugen eine neuerliche Konfrontation mit dem Täter zu ersparen, einigte man sich aber auf achteinhalb bis neuneinhalb Jahre Haft für O. Die Sicherungsverwahrung strebte die Staatsanwaltschaft nicht mehr an, weil die siebte Strafkammer unter dem Vorsitzenden Max Boxleitner "rechtliche Bedenken" gesehen hatte.

Eines der Opfer nahm sich zwei Jahre nach der Tat das Leben

Die vergleichsweise milde Strafe bekommt der heute 44-jährige O. aber nur im Falle eines Geständnisses. Und so räumte er sämtliche Vorwürfe ein. Er sei damals "ziemlich jung und doof" gewesen und habe die Folgen seiner Tat nicht abschätzen können, sagte er. In der Tat leiden die Opfer der Geiselnahme noch immer schwer, wie deren Anwalt Heinz Schöch berichtete. Eine der damaligen Geiseln hatte ein so schweres Trauma erlitten, dass sich der Mann zwei Jahre später das Leben nahm.

Eine Putzfrau in der BFG-Bank hatte ihren Landsleuten den Tipp gegeben, dass dort etwas zu holen sei. Angeführt von Paun O. entschlossen sich die Täter zunächst, die Familie des Kassierers Hubert T. in dessen Engelschalkinger Wohnung in ihre Gewalt zu bringen. Ts. Frau, seine Schwiegermutter und seine drei Kinder wurden als Geiseln genommen, getreten, geschlagen und bedroht. Weil Hubert T. den Tresor aber nur mithilfe seiner Kollegin Maria H. öffnen konnte, die den Code wusste, wurden auch diese Frau und ihr Mann gekidnappt. Immer wieder hielt man ihnen Pistolen an den Kopf und kündigte an, sie zu erschießen.

Die Täter ließen die Bankangestellten gefesselt im leergeräumten Tresorraum zurück. Der Mann von Maria H. war in deren Wohnung in einen Schrank eingeschlossen worden. Die Familie von Hubert T. wurde in einen Badewanne gepfercht, bevor die Täter endlich flüchteten. Paun O. hörte sich die Schilderung der Geiselnahme vor Gericht noch einmal aufmerksam an, meinte dann aber nur: "Ich gebe ja zu, dass ich dabei war." Am Dienstag soll das Urteil gesprochen werden.

© SZ vom 08.10.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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