Die Städter müssen sich mit immer engeren Wohnungen begnügen, doch mit umso mehr Pathos scheinen sie sich in ihnen einzurichten. Das sieht man an den Geschäften in Münchens Straßen, die bei der Wahl der passenden Farbnuance für die Tapete beraten, an den Hunderten von Wohnblogs, die von Massivholztischen und dem richtigen Ecksofa erzählen - aber auch an den mehr als 130 000 Leuten, die jedes Jahr zu einer Messe in den Münchner Osten pendeln, der Heim+Handwerk. Fünf Tage lang zeigen mehr als tausend Aussteller in den Riemer Messehallen, wie man baut, wie man stilgerecht wohnt und sich einrichtet, diesmal von Mittwoch, den 23. November, bis zum Sonntag, den 27. November.
Die Messe passt recht gut in eine Zeit, in der die Weltpolitik manch einen so verunsichert, dass er sich lieber Zuhause einigelt; "Cocooning" nennt das der Präsident des Bayerischen Handwerkstages, Franz Xaver Peteranderl. Vom englischen Wort für den Kokon des Schmetterlings. Für Peteranderl ist dieser Rückzug ins Eigenheim einer der Gründe, warum es den Handwerkern aus der Bau- und Ausbaubranche derzeit so gut geht wie seit mehr als zehn Jahren nicht mehr, zudem hätten die Nullzinsen dazu beigetragen, dass immer mehr Privatleute bauten oder renovierten statt zu sparen.
Peteranderl rechnet zu Beginn der Messe ohnehin mit einem erfolgreichen Jahr, seinen Prognosen zufolge werde der Umsatz des Bayerischen Handwerks in diesem Jahr um vier Prozent auf 107,6 Milliarden Euro zulegen, die Investitionen um knapp drei Prozent auf ungefähr 3,3 Milliarden Euro - damit übersteige das Handwerk die Vorhersagen für die gesamte Wirtschaft deutlich.
Handwerker liefern die Individualität, die immer stärker gefragt wird, sie zeigen auf der Messe zum Beispiel schwebende Wäscheständer oder Kommoden, gebaut aus Schlagzeugtrommeln. Ein Schwerpunkt der fünf Tage wird allerdings das Schlafen sein, Marktforscher versprechen sich schon seit längerem, dass die Nachtruhe nach dem Essen und der Fitness zum nächsten großen Lifestyle-Thema wird. Optimierte man bisher sein Abendessen oder seine Armmuskeln, soll es nun der Schlaf sein; in der Halle A 3 wird es um die richtige Matratze und den richtigen Lattenrost gehen. "Cocooning" also.