Aschheimmuseum:Schmelztiegel Schotterebene

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Migration und Zuzug sind seit Jahrtausenden eine zentrale Grundlage für die Entwicklung in der Region um München

Von Irmengard Gnau, München/Aschheim

Wie hätten die Aschheimer vor 2000 Jahren wohl auf die Flüchtlinge reagiert, die heute zu uns kommen? Darüber lässt sich nur spekulieren. Fest steht aber, dass die Menschen in der Region um München schon seit Jahrtausenden Erfahrung mit Zuwanderern haben. Und zwar durchaus positive: Der Austausch von Ideen, Kulturtechniken und Know-how, aber auch von Waren und Gütern und nicht zuletzt der Zuzug verschiedener Menschen waren die Grundlage für die dynamische Entwicklung des Münchner Nordostens, der vor allem in der Gegend um Aschheim auf eine mehr als 4000 Jahre alte Siedlungsgeschichte zurückblicken kann.

Von der langen Tradition der Migration zeugen die vielen archäologischen Funde, die Sammlungsleiterin Anja Pütz im Aschheim-Museum versammelt hat. Sie machen auch anschaulich, dass die Geschichte der heutigen Landkreisgemeinde einige Verbindungen mit jener der heutigen nördlichen Münchner Stadtviertel aufweist.

Von den Parallelen und Unterschieden der jeweiligen örtlichen Historie überzeugten sich zuletzt auch Mitglieder des Vereins Stadtteilkultur im Münchner Nordosten. Eine grundlegende Gemeinsamkeit, erläuterte Museumsleiterin Pütz bei einer Führung durch die Aschheimer Sammlung, für alle einstigen Bewohner im Nordosten Münchens war die vielversprechende Lage am wasserreichen Übergang der Münchner Schotterebene zum Erdinger Moos: nicht zu feucht, aber auch nicht zu trocken. Zudem waren wichtige Handelswege nicht weit: Von Unterföhring her kommend verlief in römischer Zeit die wichtige Verbindung von Augsburg nach Oberösterreich nahe dem heutigen Aschheim, in der Neuzeit wurde der Weg durch Aschheim nach Erding am Rand des Erdinger Mooses bedeutsam. Das Manko weniger Flüsse und Bäche machte die Gegend wett durch die leichte Erreichbarkeit des Grundwassers, das die ersten Siedler mithilfe von Brunnen erschließen konnten.

Brunnenfunde weisen auch auf die ersten größeren Siedlungen auf Aschheimer Flur hin, in der Bronzezeit um 2200 vor Christus. Später kamen Kelten und Römer, im frühen Mittelalter schließlich ließen sich die Bajuwaren rund um die heutigen Ortsteile Aschheim und Dornach nieder. Im achten Jahrhundert stieg Aschheim gar zu bayernweiter Bedeutung auf: 756 berief der Agilolfinger-Herzog Tassilo III. dort die erste bayerische Landessynode ein. Wie wichtig dieses Treffen und wie bedeutsam der Herrscher war, davon zeugt heute noch der prächtige Kelch, dessen Abbild in dem Museum zu sehen ist.

Mindestens ebenso eindrücklich sind die Fundstücke aus den Gräbern, welche die Archäologen bei Bauarbeiten in Aschheim bis heute zu Tage fördern. Neben menschlichen Skeletten finden sich diverse Grabbeigaben, die Rückschlüsse auf frühe Migrationsbewegungen zulassen. Schon bei den Aschheimern des Frühmittelalters fanden sich etwa Bernsteinperlen aus dem Baltikum, Granatverzierungen aus Indien oder Perlen aus Italien. Durch Proben aus Zähnen und Knochen der gefundenen Skelette lässt sich zudem belegen, dass im dritten und vierten Jahrhundert Einwanderer aus Böhmen in die Region kamen. "Die Bajuwaren haben sich also sozusagen aus den Menschen entwickelt, die in Bayern zu dieser Zeit lebten", erklärt Anja Pütz.

Die nächste kostenfreie Führung im Aschheim-Museum findet am Sonntag, 19. Februar, 14.30 Uhr statt. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich. Weitere Informationen unter www.aschheimuseum.byseum.de. Das Veranstaltungsprogramm des Vereins Stadtteilkultur im Münchner Nordosten findet sich unter www.nordostkultur-muenchen.de.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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