Anzapftest auf dem Oktoberfest:Mach den Ude

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Eine Qualifikation ist für einen Münchner Oberbürgermeister unerlässlich: das professionelle Anzapfen eines Bierfasses. Ihre Geschicklichkeit mussten die drei OB-Bewerber der Grünen für die SZ am 100-Liter-Fass unter Beweis stellen. Mit Video.

Dominik Hutter

Eloquenz? Kompetenz? Ein einnehmendes Wesen? Alles gut und schön, für einen Münchner Oberbürgermeister aber hat eine andere Qualifikation eine weit höhere Bedeutung: das möglichst professionelle Anzapfen eines hölzernen Bierfasses, gefolgt von dem auf der ganzen Welt sehnsüchtig erwarteten Satz "Ozapft is!"

Gilt nicht nur für SPDler, sondern auch für Grüne, und so trafen sich am Dienstag auf Einladung der SZ die drei OB-Kandidaten des Noch-Koalitionsjuniors im Zelt "Zur Schönheitskönigin", um zu Übungszwecken ihre Kompetenz zu überschreiten. Um es gleich vorwegzunehmen: Hep Monatzeder, Sabine Nallinger und Theresa Schopper haben den Test bestanden. Und sie mussten sich nachher nicht einmal umziehen.

"Ganz gerade halten", lautete der entscheidende Tipp von Festwirt Peter Reichert, der den durch einen Lederschurz geschützten Prüflingen eine kurze Einweisung in die Kunst des Anzapfens gab. Und so hielten alle drei den Wechsel im exakten 90-Grad-Winkel ans Fass - eins, zwei, drei Schläge, dreimal der Ruf "ozapft is!" Anschließend war allen die Erleichterung anzusehen - auch wenn der echte OB nur zwei Schläge braucht, und das nicht bei einem 100-, sondern bei einem 200-Liter-Fass. Aber Christian Ude hatte ja auch 18 Jahre Zeit zum Üben.

Nallinger dagegen konnte sich vorher nur ein einziges Testfass bei Augustiner-Chef Jannik Inselkammer vorknöpfen. Schopper hatte in ihrem Getränkemarkt um Rat gefragt. Und Monatzeder, der einzige Mann im Bewerber-Trio? Gab sich cool. Von wegen üben.

Drei Grüne wollen Münchner Oberbürgermeister werden - und sie wollen es auch noch nach der zumindest für Spitzenkandidatin Renate Künast enttäuschenden Berlin-Wahl. "In Berlin herrscht eine ganz spezielle Situation", gibt Nallinger zu bedenken. Soll heißen: Die Politszene der Hauptstadt ist mit München nicht zu vergleichen. Was, wie Monatzeder assistiert, nicht zuletzt am Spitzenpersonal der SPD liegt. "Den SPD-Kandidaten, der Wowereit darstellt, haben wir in München nicht", freut er sich - die Grünen hätten also in der Landeshauptstadt schwächere SPD-Konkurrenz als die Kollegen an der Spree. Und damit bessere Chancen auf den Chefposten im Rathaus.

Zudem "werden in München die Karten ganz neu gemischt", betonte Schopper. Der in Berlin so wichtige Bonus des Amtsinhabers entfalle. Denn Christian Ude darf ja aus Altersgründen nicht mehr antreten. Und will deshalb Ministerpräsident werden.

Bei aller Harmonie am Wiesn-Biertisch: So einmütig werden die drei Grünen wohl nicht mehr allzu oft auftreten. Denn OB-Kandidat kann bekanntlich nur einer pro Partei werden, und dafür muss man sich von den Konkurrenten inhaltlich absetzen. Bisher ist unklar, wie die vom Parteivorstand beschlossenen OB-Foren ablaufen sollen, die Monatzeder von Anfang an Bauchschmerzen bereitet haben. Einer Meinung ist man immer noch nicht, das wird im Disput Monatzeder-Nallinger über den Stand der Vorbereitungen deutlich.

Da versucht der Bürgermeister schon einmal die Stadträtin zur Ordnung zu rufen - was diese an sich abprallen lässt. Haupt-Konfliktpunkt sind die Abstimmungen, die nach jeder Polit-Veranstaltung stattfinden sollen. Die hält Monatzeder für kontraproduktiv. "Das Wichtigste ist, dass kein Kandidat beschädigt wird", lautet sein Credo. Es wird also darauf ankommen, wie man die Foren im Detail organisiert - und wie verbindlich-verletzend die Voten ausfallen.

Die abschließenden Gespräche mit den Parteivorsitzenden Katharina Schulze und Sebastian Weisenburger sollen im Oktober beginnen. Die Foren - oder Gespräche, wie Monatzeder lieber sagt - sind für Anfang 2012 eingeplant. Ob sich dann tatsächlich drei grüne Kandidaten dem abschließenden Votum der Stadtversammlung stellen, ist noch nicht entschieden.

Die SPD traut sich das nicht - weil bei einer Entscheidung unter drei kein Bewerber eine überzeugende Mehrheit einfahren kann. SPD-Chef Hans-Ulrich Pfaffmann will deshalb, dass vor der abschließenden Wahl ein Kandidat hinwirft. Sehr zufrieden sind die Grünen übrigens mit der aktuellen "Performance" des Koalitionspartners. Der Ude-Effekt, da sind sie überzeugt, ist auch für die Grünen von Nutzen.

© SZ vom 21.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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