Anklage gegen Vorzeigeunternehmer:Geschäfte der anderen Art

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Bild aus besseren Tagen: Ein Firmenfoto zeigt Unternehmer Josef Kastenberger an seinem Schreibtisch. (Foto: JK Wohnbau/oh)

Er soll Anleger um mehrere Millionen Euro betrogen haben: Die Staatsanwaltschaft München hat gegen Josef Kastenberger Anklage erhoben. Schon im Jahr 2000 war der früheren Chef der JK Wohnbau wegen Betrugs verurteilt worden. Trotzdem zeichnete ihn die CSU als "Unternehmer des Jahres" aus.

Von Bernd Kastner

Die Staatsanwaltschaft hat Anklage gegen den Gründer und langjährigen Chef des Bauträgers JK Wohnbau erhoben. Josef Kastenberger wird nach Informationen der SZ neben Betrug, Untreue und Kapitalanlagebetrug vorgeworfen, mit falschen Angaben den Aktienkurs seiner Firma manipuliert zu haben.

Kastenberger, 61, ist Ende 2011 aus dem Vorstand seiner Firma ausgeschieden, seit November 2012 sitzt er in Untersuchungshaft. Noch immer ist er größter Anteilseigner der Firma, die zu den aktivsten Bauträgern im Raum München zählt. Wolfgang Kreuzer, einer der drei Verteidiger Kastenbergers, bestätigte die Anklageerhebung, will sich derzeit aber nicht zu den Vorwürfen äußern. Er rechnet damit, dass noch im Sommer der Prozess vor dem Landgericht München I beginnt.

Kastenberger soll für einen Schaden im unteren zweistelligen Millionenbereich verantwortlich sein. Bei seinen mutmaßlich illegalen Tricks sollen ihn diverse Personen unterstützt haben, gegen die ebenfalls ermittelt wird. Glaubt man den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft, hat Kastenberger das Geflecht aus seinen zahlreichen Firmen genutzt, um hohe Summen zu verschieben, davon mehrere Millionen Euro angeblich auf eigene Konten.

Geschädigt worden seien zunächst seine eigenen Firmen, letztlich aber diverse andere Unternehmen und Kapitalanleger, die an den JK-Firmen beteiligt sind. Mit Kontopfändungen, auch in der Schweiz, versuchen die Ermittler, die mutmaßlich ergaunerten Millionen zumindest zum Teil zurückzuholen.

Mehr als 2,5 Millionen Euro abgezweigt

Die Liste der Vorwürfe ist lang. So soll Kastenberger etwa Küchen für seine neuen Privatwohnungen in Schwabing über eine Scheinrechnung in Höhe von rund 100.000 Euro finanziert haben. Arbeiten eines Innenarchitekten für seine Wohnung in Höhe von etwa 80.000 Euro habe er aus einer seiner Firmenkassen bezahlt.

Sanitärartikel im Wert von mehreren zehntausend Euro, die für Musterwohnungen in der Maistraße bestellt worden seien, habe Kastenberger zum Teil in sein Haus in Griechenland liefern lassen. Mehrmals soll der Unternehmer mittlere sechsstellige Beträge über fingierte Maklercourtage abgezweigt haben; seine mutmaßlichen Komplizen sollen jeweils mit hohen Summen am "Gewinn" beteiligt worden sein.

Auch Anleger, die in einen JK-Fonds Geld eingezahlt hatten, soll Kastenberger betrogen haben: So soll er 2009 mehr als 2,5 Millionen Euro abgezweigt haben, um damit Schulden zu begleichen, die er selbst laut Ermittler bei seiner JK Wohnbau hatte. Dank dieses "Tricks" soll sich zugleich die Liquidität der angeschlagenen JK Wohnbau verbessert haben.

Zu den insgesamt elf angeklagten Tatkomplexen gehören auch Vorwürfe, dass der damalige JK-Chef angeblich den Börsengang seiner Firma 2010 angeblich manipulierte, indem er die wirtschaftliche Lage des Unternehmens schönte. Dies habe dazu geführt, dass für das Jahr 2009 ein positives Konzernergebnis angegeben worden sei, obwohl JK Wohnbau tatsächlich Verlust in Millionenhöhe gemacht habe.

Josef Kastenberger ist tief gefallen. Der gelernte Lebensmitteltechniker kommt aus der Fleischbranche, er gründete später eine eigene Import-Export-Firma. Ins Bauträgergeschäft stieg er erst 1990 ein. Innerhalb kurzer Zeit avancierte er zu einem der wichtigsten Akteure in der Münchner Immobilienszene und führte bis 2009 im Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen den bayerischen Landesverband.

Die Münchner CSU zeichnete ihn 2008 als "Unternehmer des Jahres" aus, später als "Aufsteiger des Jahres". Dabei war Kastenberger bereits im Jahr 2000 wegen Betrugs in 108 Fällen zu einer zweijährigen Haftstrafe auf Bewährung verurteilt worden, er saß bereits damals für drei Monate in U-Haft.

Als Chef einer Handelsfirma hatte er Fleisch bestellt, obwohl seine Firma zahlungsunfähig war, es entstand ein Schaden von 6,6 Millionen Mark. Diese Vorstrafe und die nun zu erwartende hohe Strafe sowie sein Haus in Griechenland begründen Fluchtgefahr, weshalb er derzeit in Stadelheim sitzt.

Verdacht auf Titelmissbrauch

Angesichts all dieser Vorwürfe hat die Staatsanwaltschaft einen Verdacht auf Titelmissbrauch zunächst beiseite gelegt. Seit 2005 führt Kastenberger einen Doktor-Titel, den er sich an der Universität in Bratislava erworben hat, in einer Zeit, als er sein Unternehmen groß machte, und obwohl er der slowakischen Sprache nicht mächtig sein soll. Diesen sogenannten "kleinen Doktorgrad" hätte er nur in Bayern und Berlin führen dürfen, die JK-Prospekte aber wurden bundesweit verteilt.

Seit 1995 hat JK Wohnbau weit mehr als 2000 Wohnungen erstellt, darunter sind Objekte wie die ehemalige AOK-Zentrale in der Maistraße. Der neue Chef Michael Haupt versucht seit 2012, das Unternehmen wieder in ruhiges Fahrwasser zu bringen, was ihm nach eigener Darstellung auch gelungen sei. Um mit der Vergangenheit abzuschließen, wird die Firma demnächst ihren Namen ändern, und nicht mehr die Initialen ihres Gründers tragen: Von Juli an heißt sie Isaria Wohnbau AG.

© SZ vom 20.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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