Angebliches Intimvideo:Trittbrettfahrer will Klatten erpressen

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"Hallo Frau Klatten": Ein Trittbrettfahrer forderte 75.000 Euro für ein angebliches Intimvideo von der Milliardärin. Vor Gericht widerruft er sein Geständnis.

Alexander Krug

Die sechsjährige Haftstrafe gegen den Erpresser der Quandt-Erbin Susanne Klatten scheint Nachahmer nicht abzuschrecken. Vor dem Münchner Amtsgericht musste sich am Dienstag ein sogenannter Trittbrettfahrer wegen versuchter Erpressung verantworten.

Ziel immer neuer Erpressungsversuche: Susanne Klatten. (Foto: Foto: dpa)

Im Mittelpunkt steht dabei jenes ominöse Video, das Klatten angeblich mit ihrem Liebhaber und späteren Erpresser Helg Sgarbi bei Intimitäten in einem Münchner Hotel zeigt. Der kompromittierende Film ist bis heute verschwunden. Der angeklagte Kleinkriminelle Johannes F., 50, soll Klatten in einem anonymen Brief aufgefordert haben, ihm 75.000 Euro zu übergeben. Im Gegenzug bekomme sie den Film mitsamt drei Kopien.

Johannes W. lebt in Bochum. Von dort soll er im März dieses Jahres - nur wenige Tage nach der Verurteilung Sgarbis in München - seinen Erpresserbrief abgeschickt haben. "Hallo Frau Klatten", heißt es darin, "ich war im Gefängnis und habe dort Sgarbi kennengelernt." Sgarbi habe "Vertrauen" zu ihm gefasst und ihn an "Leute" vermittelt, die im Besitz des Videos seien.

Er habe sich den Film "ansehen müssen", habe ihn aber als "deprimierend" empfunden. "Ich bitte Sie um ein Darlehen von 75.000 Euro, welches Sie mir dafür gewähren, dass ich Ihnen nach Erhalt des Geldes den Film und drei Kopien zukommen lassen werde." Das Geld, das Klatten sicherlich "nicht weh tut", solle in einer Tasche in einer Bäckerei in Bochum hinterlegt werden. "Keine Polizei, ich vertraue auf Ihre Intelligenz."

Über die Intelligenz des Angeklagten lässt sich sicher streiten, er wurde bei der Observation der Bäckerei am 27. März festgenommen und sitzt seither in Untersuchungshaft. Bei Polizei und Ermittlungsrichter legte er auch gleich ein Geständnis ab und räumte ein, den Brief ordentlich frankiert am Bochumer Hauptbahnhof in einen Briefkasten geworfen zu haben. Doch davon wollte der Angeklagte am Dienstag nichts mehr wissen. "Das müssen wir wohl widerrufen", sagte sein Anwalt.

Johannes W. behauptet nun, den Brief habe seine ehemalige Lebensgefährtin geschrieben und abgeschickt, von ihm stamme lediglich ein "Entwurf". Sein Geständnis sei "unter Druck" erfolgt. Wenn er Polizisten und Richter einer Straftat bezichtige, komme eben ein weiteres Verfahren auf ihn zu, warnt ihn Staatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.

Der Angeklagte rückt daraufhin von seiner Version wieder ab, bleibt aber dabei, den Brief nicht selbst verfasst zu haben. "Ich wollte eigentlich nicht, dass er abgeschickt wird. Zu keiner Zeit habe ich vorgehabt, Frau Klatten zu erpressen."

Dass er damit seine Ex-Lebensgefährtin schwer belastet, scheint Johannes W. nicht ganz klar zu sein. "Sie machen sie damit zur Beihelferin", warnt ihn der Staatsanwalt. Und auch die Amtsrichterin fragt nach, ob er seine Angaben nicht selber "etwas ungewöhnlich" finde. Doch Johannes W., der 13 Vorstrafen hat und nach eigener Aussage von Hartz IV lebt, beharrt auf seiner Darstellung.

Das Gericht will nun zu einem neuen, noch unbekannten Termin die Ex-Partnerin und weitere Zeugen vorladen. Ob er Sgarbi überhaupt kenne, will der Staatsanwalt noch wissen. "Den habe ich nie gesehen", antwortet Johannes W.

© SZ vom 01.07.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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