Angebliche Körperverletzung vor Gericht:Fachmann für Schmerzen

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Ein Münchner Arzt steht vor Gericht, weil er einen Studenten verprügelt und ihm dabei das Kiefergelenk ausgerenkt haben soll. Der Medizinprofessor allerdings hat eine andere Version des Abends parat.

Von Christian Rost

Die Rolle ist ungewohnt für den Münchner Arzt. Der Schmerzspezialist saß am Dienstag im Münchner Amtsgericht auf der Anklagebank, weil er einen Heranwachsenden verprügelt und ihm dabei das Kiefergelenk ausgerenkt haben soll. Der 46-jährige Professor bestritt die Vorwürfe der vorsätzlichen Körperverletzung und Beleidigung vehement. Seiner Darstellung nach wurde er selbst an der Schulter verletzt bei dem Handgemenge. Ein Freund des Opfers bestätigte indes, dass der Arzt in rasender Wut "sofort mit der Faust zugeschlagen" und seinem Kumpel zudem mehrfach das Knie ins Gesicht gerammt habe.

Die Jurastudenten waren am 26. März 2013 nach einer feucht-fröhlichen Geburtstagsfeier gegen 8 Uhr zu Fuß auf dem Heimweg in Harlaching. Sie blödelten herum und sprachen übermütig Leute auf der Straße an. Einem Hausmeister nahmen sie die Schneeschaufel aus der Hand und fragten, ob sie ihm helfen könnten. Dann schippten sie Schnee in seine Richtung. Übel hatte der Mann das den 20 und 21 Jahre alten Burschen nicht genommen. Ärger gab es erst, als sie auf den Medizinprofessor trafen, der gerade in seine Praxis fahren wollte.

Mit Blick auf seinen BMW sagten sie, er wecke die ganze Nachbarschaft auf, wenn er seine Karre anwerfe. Laut Anklage reagierte der Arzt darauf heftig: Mit den Worten "verpisst euch" und "Wichser" vertrieb er die beiden jungen Männer. Die riefen ihm von der nächsten Kreuzung aus noch zu, nun wüssten sie ja , wo er wohne. Der Doktor soll daraufhin auf den 21-Jährigen zugestürmt sein und auf ihn eingeschlagen haben. Ein Zahnarzt bestätigte später bei dem Opfer eine Luxation des Kiefergelenks und Würgemale am Hals.

Noch während der Konfrontation mit den Jugendlichen hatte der Arzt die Polizei gerufen und von den Beamten einen Kokaintest bei den Studenten verlangt. Ein Streifenpolizist konnte aber bei keinem der Beteiligten Drogeneinfluss feststellen, auch Verletzungen konnte er nicht erkennen. Dem Beamten war aber aufgefallen, dass sich der Angeklagte "sehr wichtig als Doktor der Medizin" gemacht habe. Der Angeklagte wollte diese Aussage nicht auf sich sitzen lassen und fragte den Zeugen im Gerichtssaal, ob er sich vorstellen könne, dass ein Professor mit seinem Doktortitel angebe. Der Polizist meinte dazu trocken: "Solche Leute gibt es."

Der 20-jährige Begleiter des Opfers, das selbst nicht vor Gericht erschien, bestätigte die Vorwürfe der Anklage. Der Arzt schilderte derweil ein völlig anderes Geschehen: Demnach hatte er den 21-Jährigen nur bis zum Eintreffen der Polizeistreife festgehalten - und sich dabei selbst an der Schulter verletzt, was er eindrucksvoll mit dem Attest einer Kollegin belegte.

Er habe sich von den Studenten bedroht gefühlt, sie seien ihm auch sehr nahe gekommen, als sie ihn am Auto angesprochen hätten. Geschlagen habe er nicht, "es wurde auch niemand verletzt", sagte der Angeklagte. Zum Attest des Zahnarztes meinte er: "Der hat doch noch nicht einmal promoviert." Die Verhandlung wird fortgesetzt.

© SZ vom 05.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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