Abschied:Beppo geht von Bord

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"Es war eine tolle Zeit": Josef Kiener, alias Beppo, schätzt die Vielfalt der Arbeit und der Besucher im Jugendtreff Tröpferlbad am Schlachthof. (Foto: Lukas Barth)

Josef Kiener, engagierter und beliebter sozialpädagogischer Mitarbeiter im Jugendtreff Tröpferlbad, geht nach 29 Jahren in den Ruhestand. Er sagt: Die Arbeit mit Jugendlichen hält jung und macht glücklich

Von Christina Koormann, Ludwigsvorstadt/Isarvorstadt

Wenn "Beppo" über das Tröpferlbad spricht, wird sofort klar, dass der Jugendtreff für ihn viel mehr ist als ein einfacher Arbeitsplatz. Seine Augen glänzen, er lacht, und ihm fällt eine Anekdote nach der anderen ein, die er hier erlebt hat. "Ich könnte Bücher darüber schreiben", sagt Josef Kiener, der 1988 als sozialpädagogischer Mitarbeiter hierherkam. Und geblieben ist. "Den Spitznamen habe ich mir damals selbst ausgesucht", erzählt der 65-Jährige, "es gab hier ja schon einen Josef, und der Spitzname Sepp war an ihn vergeben."

Seit 28 Jahren und sieben Monaten ist "Beppo" im Jugendtreff Tröpferlbad an der Thalkirchner Straße als Allround-Talent im Einsatz: Als Ansprechpartner, als Vertrauensperson, als Koch, Sportler, Motivator, Nachhilfelehrer, Vermittler, Streitschlichter, Organisator - und vor allem als Freund. An diesem Freitag geht er in den Ruhestand. "Es war wirklich eine tolle Zeit", sagt der Münchner rückblickend, "die Arbeit mit den Jugendlichen, das hat mir so gut gefallen - gemeinsam Probleme anzugehen und viele lang währende Freundschaften zu schließen."

Nach einem Lehramtsstudium mit den Fächern Kunsterziehung und Sport und einer achtjährigen Lehrtätigkeit in Gars am Inn zog es ihn wieder zurück in die Landeshauptstadt. "Ich vermisse den Lehrerberuf nicht, es war zwar eine schöne Zeit, aber ich bin sehr froh, dass ich einen anderen Weg gegangen und hier gelandet bin." In seiner Arbeit habe sich immer etwas bewegt, hier habe er auch auf anderen Ebenen mit Jugendlichen arbeiten können.

Die offene Jugendarbeit ist sehr vielschichtig, "hier kommen viele Nationen zusammen und die Jugendlichen haben häufig Probleme, die es anzupacken gibt: familiäre, berufliche, wir haben vieles erlebt". Auch mit dem Gesetz sind einige der Tröpferlbad-Jugendlichen während Kieners Arbeitszeit in Konflikt geraten. "Beppo" war aber gerade auch in solchen Momenten für alle da. "Ich habe das Helfersyndrom", sagt er und lacht, "ich mag gerne helfen".

Mit viel Verständnis und Geduld hat er das jahrelang getan und freut sich über das, was zu ihm zurückkommt. "Es gibt Eltern, die als Jugendliche selbst zum Treff gekommen sind und jetzt ihre eigenen Kinder hierher bringen", sagt er. "Beppo" wurde von seinen Schützlingen auf Familienfeste und Hochzeiten eingeladen, sogar als Trauzeuge wurde er einmal ausgesucht, und bei einer türkischen Feier als "echter Türke" als "Yussuf" vorgestellt. Integration und interkulturelle Arbeit spielen in seinem Job eine große Rolle. "Das ist ja aber auch das Schöne daran, diese Vielfalt, eine große Bereicherung", findet der Münchner. "Wir haben hier im Treff nur positive Erfahrungen damit gemacht. Es gibt keine Nation, die hier noch nicht vertreten war." Ein anderer junger Mann, der jahrelang ins Tröpferlbad kam, stellte Kiener seinen Freunden mit den Worten vor: "Das ist der Beppo, der hat mich erzogen."

Ob auf Freizeiten in Spanien, Jugoslawien, Schweden, Kroatien oder zum Skifahren in Österreich, auf Fußballturnieren, gemeinsamen Kochabenden, in der Adventszeit als Nikolaus verkleidet und bei der Hausaufgabenhilfe: "Beppo" hat überall mitgemischt und für seinen Beruf 100 Prozent gegeben - egal, zu welcher Uhrzeit. Auch bei der Jobsuche hat er die Jugendlichen unterstützt und sich oft über seine Arbeitszeit hinaus für sie eingesetzt. "Ich glaube, ich habe mehr Arbeit vermittelt als das Arbeitsamt", schmunzelt er. Dass Kiener sich ab und zu Gehör verschaffen musste, wenn mehr als 70 Jugendliche gleichzeitig im Treff waren, ist nachvollziehbar. "Das muss sein, ein bisschen Respekt müssen sie schon haben, sonst tanzen sie einem auf der Nase herum. Da kann man mich schon manchmal unten auf der Straße hören. Aber wenn jemand etwas angestellt hat, bin ich nicht lange nachtragend."

Kiener, der jahrelang in der Handball-Bundesliga aktiv war, plant für seinen Ruhestand, viel Tennis zu spielen und ein wenig zu reisen - vor allem Zelten macht ihm Spaß. Er ist überzeugt, dass die Arbeit mit Jugendlichen ihn jung gehalten hat. "Mit der Jugend zu arbeiten, ist ein Traum, da versteht man auch viele Dinge viel besser. Andere Menschen sind Millionäre geworden - ich bin hier glücklich geworden."

© SZ vom 29.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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