A Camp in München:Melancholie im Takt

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Bunte Federn am Mikrofonständer, Rotwein auf der Bühne: Nina Persson kommt mit "A Camp" ins Backstage und beweist: Eingängige Melodien und tiefsinnige Texte schließen sich nicht aus.

Silke Breimaier

Wenn man Dienstagmittag von seinem Konzertplänen am Abend berichtete, lief das immer gleich: "A Camp? Kenn ich nicht!" Hat man dann erklärt, dass die Sängerin der Band Nina Persson ist, die Frontfrau der schwedischen Gruppe The Cardigans, kam meist: "Ach so die, ja die ist toll!"

Spitzendeckchen auf Tischchen, Rotwein auf der Bühne: Die Band A Camp. (Foto: Foto: oh)

Etwa 250 Menschen sind am Dienstagabend ins Backstage gekommen. Ob nur wegen Nina Persson oder doch wegen der kompletten Band - darüber kann man nur spekulieren. Doch bevor das Publikum seine Bewunderung für die Dame mit den hübschen Grübchen und der bezaubernden Stimme ausleben kann, ist erst einmal Kristofer Åström dran, der sicherlich auch den ein oder anderen Gast angezogen hat.

Es klingt nach schlechter Erfahrung

Der Singer-Songwriter, ebenfalls Schwede, ist als Special Guest angekündigt, was bedeutet, dass er als Vorband fungiert, aber auch bei A Camp immer wieder auf der Bühne mitmischen darf. Im Karohemd und mit Gitarre steht er auf der Bühne und seine Lieder klingen, als ob er in seinem Leben schon jede Menge schlechte Erfahrungen gemacht hat - aber daraus entstehen ja bekanntlich die besten Songs.

Mit viel Kraft und Gefühl singt Åström seine Lieder; es macht Spaß, ihm zuzuhören. Einmal verspielt er sich, fängt noch mal von vorne an und lächelt dabei. Für zwei Stücke kommt eine junge Dame auf die Bühne, später ist sie die Keyboarderin von A Camp, und es wirkt, als hätten Åström und sie spontan beschlossen, dass man ja ein wenig zusammen singen könnte - was sich als wunderbare Idee herausstellt.

Nach einer halben Stunde macht er Platz für A Camp, bestehend aus Nina Persson, ihrem Ehemann, dem Filmmusikkomponist Nathan Larson und Niclas Frisk, Gründer der Band Atomic Swing. Bis die Band auf der Bühne steht, dauert es allerdings noch einmal 30 Minuten.

2001 erschien das erste Album unter dem Titel "A Camp", vor wenigen Wochen jetzt das zweite Werk "Colonia". Während auf dem ersten Album Pop-Folk-Songs mit Country-Elementen dominierten, ist "Colonia" pompöser ausgefallen, mit Anlehnungen an den "Girlpop der Sechziger, den Punk der Achtziger und David Bowie", wie Persson ihre Musik kürzlich in einem Interview erklärte.

Wie in einem vollgestopften Wohnzimmer

A Camp eröffnen den Abend mit "The Crowning", dem ersten Stück auf "Colonia". Darin geht es um eine Ballnacht im Jahr 1699 - Perssons schwarzer Federschmuck im blonden Haar passt ausgezeichnet. Auf der Bühne sieht es insgesamt aus wie in einem vollgestopften Wohnzimmer aus vergangenen Zeiten: orientalische Lampen in Rot- und Orangetönen, bunte Federn an den Mikrofonständern, "A Camp"-Girlanden und Spitzendeckchen auf Tischchen. Es passt ins Bild, dass die Musiker Rotwein trinken, bevor der nächste tiefsinnige Song angestimmt wird. Die Texte haben es in sich bei A Camp, sie sind so voll von Bildern und Metaphern, dass man sie oft erst nach mehrmaligem Hören versteht.

Die Melodien bei A Camp sind eingängig; melodiöse Popsongs und pathetische Balladen wechseln sich an diesem Abend ab. Nur "Here are many wild animals" und "My America" sind ein wenig rockiger. Für die ruhigeren Stücke ist die Lautstärke fast ein bisschen zu hoch, die Gitarren und Perssons Stimme schallen einem entgegen. Auf der anderen Seite wirkt der Gesang dadurch auch sehr präsent, die Musik erfüllt den ganzen Raum und da man nah an der Bühne ist, kann man Perssons Minenspiel zu den Songs gut verfolgen.

Mit ihrem Lächeln und dem koketten Augenaufschlag fängt sie auch das Publikum, hauptsächlich Endzwanziger beiderlei Geschlechts. Es wiegt im Takt und beklatscht jedes Lied artig. Es ist kein Konzert zum Ausrasten, aber von Lied zu Lied werden die Band und das Publikum wärmer miteinander.

Für das Duett "Golden Teeth and Silver Medals" kommt zum ersten Mal Kristofer Åström wieder auf die Bühne, danach gesellt er sich immer wieder dazu und unterstützt Frisk und Larson an der Gitarre. Das Duett ist einer der Höhepunkte des Konzerts, ein wenig kitschig, ja, aber die harmonischen Stimmen der beiden lullen ein und lassen ein wohliges Gefühl zurück.

A Camp beenden das Konzert mit der aktuellen Single "Stronger Than Jesus", die bei uns leider kaum im Radio läuft, in Schweden aber immerhin Platz 8 der Charts erreichte. Nach drei Zugaben, eine davon ein Cover von David Bowie's "Boys keep swinging", verabschieden sich A Camp nach knapp 90 Minuten. Man geht nach diesem Konzert beschwingt nach Hause, eine leichte Melodie im Ohr und einen melancholischen Text im Kopf.

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