Es begab sich...:Aus dem Bauch raus

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Foto: Catherina Hess (Foto: Catherina Hess)

Ulaya Gadalla lässt sich vom Morgenland inspirieren

Von Ellen Draxel

"... siehe, da kamen die Weisen vom Morgenland nach Jerusalem ..."

Einen Sultan gibt es in Ulaya Gadallas "Morgenland" nicht. Auch keine Haremsdamen, wiewohl die Tänzerinnen mit ihren langen Röcken, den bunten Tüchern auf Hüfthöhe und den verführerischen Bewegungen so manchem Mann gefallen könnten - sähe er sie nur. Jede Woche lassen die Damen die Becken kreisen, tanzen Schlange, Kamel, Mond- und Sonnenkreis. Ulaya Gadalla ist Bauchtänzerin. Vor 20 Jahren moderierte die gebürtige Deutsche mit russischen und ägyptischen Wurzeln in ARD und ZDF die 40-teilige Fitness-Serie "Rhythmus und Lebensgefühl aus dem Morgenland". Fürs Tanzstudio blieb sie bei dem Namen.

"Zeigt her euern Po", ruft sie jetzt ihrer Dienstagsgruppe zu. "Locker in den Schultern, Bauch kippen, den Raum durchqueren im Viererschritt." Bauchtanz hat eine jahrtausendalte Tradition mit strengen Regeln, ermöglicht jeder Interpretin aber eine eigene Choreografie - weshalb sich Annemarie ganz anders bewegt als etwa Uta, Christina oder Elisabeth. Die eine wackelt mehr mit den Hüften, die andere bevorzugt rhythmische Schrittfolgen gepaart mit fließenden Armbewegungen.

"Bauchtanz", weiß Ursula von Gundlach, "ist ein angenehmes Training, das die Gelenke nicht zu stark belastet. Das sich gesund anfühlt, egal wie alt man ist." Sie selbst ist 78 und gehört zu den Älteren der Gruppe. Wie viele hier besucht sie schon seit 20 Jahren das "Morgenland". Auch Annemarie Baumgartner erzählt von den heilenden Kräften des Tanzes: "Jahrelang hatte ich Rückenschmerzen, bevor ich mit dem Bauchtanz anfing. Jetzt sind sie weg."

Doch Bauchtanz ist mehr als nur muskellösendes Ganzkörpertraining. Mit leidenschaftlicher Hingabe interpretieren die Tänzerinnen die Akkorde der arabischen Melodien, der Spaß ist ihnen ins Gesicht geschrieben. "Beim Tanzen", sagt Christina Offenbächer, "kann man alle Gefühle rauslassen, fröhliche genau wie traurige". Der Tanz funktioniert ohne Partner, auf kleinstem Raum. "Ich glaube auch, das Frauliche tut den Menschen gut. Heute muss sonst immer alles so hart und streng sein."

Das Morgenland ist für Ulaya Gadalla als Tänzerin "eine nie versiegende Quelle von Inspirationen". Uta Reischl erklärt, warum: "Tanz", sagt die Bollywood-Spezialistin, "ist Kunst. Und Kunst verbindet die Menschheit."

Als Adventskalender erzählt die Stadtviertel-Redaktion bis Weihnachten Münchner Geschichten um Worte aus den Weihnachtsevangelien nach Lukas und Matthäus. Morgen: Schriftgelehrter.

© SZ vom 19.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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