1200-Jahr-Feier:Wir sind Menzing

Lesezeit: 3 min

Für die Festtage zur 1200-Jahr-Feier von 13. bis 23. Juli gibt es kein Ober oder Unter mehr zwischen den Nachbarvierteln. Zur großen Bierzeltsause kommen Gerhard Polt, La Brass Banda, Lola Montez und Uschi Glas

Von Jutta Czeguhn, Menzing

Unter- und Obermenzing, das sei ein wenig so wie Nord- und Südkorea, philosophierte unlängst Adolf Thurner, nach den Unterschieden zwischen den beiden Menzings gefragt. Der Obermenzinger Dorfschreiber verzog dabei keine Miene, gehört er doch nicht zu jenen Menschen, die über ihre eigenen Scherze lachen. Also, bierernst hat Thurner den Vergleich mit den bösverfeindeten fernöstlichen Bruderstaaten nicht gemeint, auch wenn es in der Vorbereitung der "Menzinger Festtage" etwas knirschte zwischen den Unteren und den Oberen. Wie immer ging's hauptsächlich ums Geld. Doch während der großen Menzing-Sause von 13. bis 23. Juli dürfte der Zwist um strapazierte finanzielle Mittel vorerst vergessen sein, und alle ein dickes "Wir sind Menzing" im Herzen tragen.

1200 Jahre "Menzinga" - gefeiert wurde natürlich schon seit dem 1. Januar. Das aber war nur das Warmlaufen für die zehn Tage auf der Wiese an der Bauseweinallee/Weinschenkstraße. Die Stadtbezirksgrenze verläuft quasi mitten durchs große Bierzelt, das an diesem Donnerstag um 17 Uhr öffnet. Die "O'zapft is"-Zeremonien mit OB Dieter Reiter beginnen gegen 18.30 Uhr. 2100 Gäste haben im Festzelt Platz, im Biergarten davor weitere 600. Die Organisatoren vom Verein "1200 Jahre Menzing" raten allen, mit der S-Bahn (der Bahnhof Untermenzing ist in Sichtweite), dem Bus (158, 162, 164/165) oder zu Fuß zu kommen, denn der Parkraum ist knapp, und es wird Halteverbote in den Straßen geben. Auch bei den Menzinger Festtagen geht es nicht ohne ein Sicherheitskonzept. Wie Frieder Vogelsgesang vom Verein mitteilt, wird es Taschen- und Rucksackkontrollen am Festzelteingang geben. Geöffnet ist spätestens zur Mittagszeit, mit Ausnahme des Eröffnungstages und am 19. Juli, wenn La Brass Banda spielt (Einlass ab 18 Uhr). Die Karten für das Konzert der Kultband waren im Nu ausverkauft. Das gilt auch für den anderen Selbstläufer, Gerhard Polt, der mit den Well-Brüdern aus'm Biermoos am 21. Juli ins Festzelt kommt. Irgendwie war das ein Muss, schließlich hatten schon die Pasinger 2013 Polt und Co zu ihrer 1250-Jahr-Feier verpflichtet. Pasing ist nämlich, bleibt man in Adi Thurners Bild-Vergleich, so etwas wie das große China für die Menzinger.

In Menzing wird noch Tracht getragen, selbst beim Festzeltaufbau. (Foto: Johannes Simon)

Polt und La Brass Banda sind also ausverkauft (am Eröffnungsabend werden noch ein paar Eintrittskarten verlost). Umso interessanter ist, was der Verein, in dem sich viele Institutionen, Initiativen und Privatleute engagieren, sonst noch auf die Beine gestellt hat. Auffällig ist, wie oft der Begriff "Heimat" ins Festtagsprogramm eingespeist wurde, wie sehr man im längst sehr urbanen Westen Münchens, wo der Zuzug immens ist, noch dörfliche Bodenständigkeit und Traditionspflege hochhält. "D' Würmtaler", ein Heimat- und Volkstrachtenverein, zeigt bei den Festtagen starke Präsenz mit einem "großen Heimatabend" am 14. Juli und dem Festsonntag im Rahmen der 61. Huosigau Heimattagen am 23. Juli. 2000 Akteure werden da zum historischen Festzug erwartet, der sich um 15 Uhr an der Straße Im Wismat in Bewegung setzen wird und Straßensperrungen und Parkverbote mit sich bringt. Die Menzinger können nicht nur zig Trachten-Abordnungen zuwinken, auch Herzog Albrecht, die Bernauerin und sogar Lola Montez werden ihnen die Ehre geben.

Wem diese Form der Heimatpflege etwas zu abziehbildchenheileweltbairisch ist, findet im Jubiläumsprogramm andere Attraktionen, die Menzing gleichermaßen ausmachen: Etwa die vielen Künstler, die dort leben und im Kreativzelt auf der Festwiese ausstellen, mit Kindern arbeiten oder 52 Live-Porträts malen (22. Juli, 17 Uhr). Dann ist da das Musikforum Blutenburg, seit seiner Gründung 1985 hat es tausenden junger Menschen Spaß an Musik vermittelt. Am 16. Juli, werden sich sechs Ensembles im Bierzelt bei einem Musikfestival präsentieren (Beginn 16 Uhr). Wenn heute sehr weit über München hinaus die Blutenburg ein Begriff ist, dann vor allem wegen der Internationalen Jugendbibliothek (IJB), die dort seit 1983 ihren Sitz hat. Auch die IJB wird sich am Menzing-Jubiläum beteiligen. Am Familientag am 17. Juli (16.15 Uhr) gibt es Kästners Kinderbuchklassiker "Emil und die Detektive" im Festzelt als musikalisches Live-Hörspiel.

Kritiker sagen, die Menzinger - Unter wie Ober - hätten sich mit ihrem Fest finanziell verhoben. Das Bierzelt jedenfalls steht inzwischen. (Foto: Johannes Simon)

Spannende Frauen, die ein Anliegen haben, trifft man im Festzelt beim "Nachmittag für Senioren und andere Junggebliebene" am 20. Juli, 14 Uhr. Erst wird die Medizinerin Marianne Koch über Vorsorge sprechen, dann lädt BR-Moderatorin Sabine Sauer Bischöfin Susanne Breit-Keßler, Uschi Glas und Jutta Speidel zum Gespräch über "Gott und die Welt".

Ob Promi-Gäste, Schafkopfturnier (22. Juli, 9.30 Uhr), Podium mit den Bundestagskandidaten (22. Juli, 15.30 Uhr) oder eine große Feuerwerksshow (22. Juli, 22 Uhr), für die Ehrenamtlichen aus Menzing war es nicht nur ein organisatorischer, sondern auch ein finanzieller Kraftakt, das Festprogramm zu stemmen. Trotz Hauptsponsoren wie etwa der Bürgervereinigung Obermenzing, der beiden zuständigen Bezirksausschüsse, der Landeshauptstadt oder des Bezirks Oberbayern. Frieder Vogelsgesang vom Verein 1200 Jahre Menzing hofft, dass auch durch den Verkauf von Festzeichen oder Bierkrügen Geld in die Kasse kommt. Und dass Hinweise eingehen auf jene, die einen Minibagger beschädigt haben, der beim Zeltaufbau zum Einsatz kam. Die 1000 Euro Schaden würden durch keine Versicherung abgedeckt.

Näheres zu den einzelnen Programmpunkten der Festwoche und darüber hinaus unter www.1200-jahre-menzing.de

© SZ vom 13.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: