Aktuelles Lexikon:Ironie

Noch lange kein Ironiker: Boris Palmer (Foto: Sebastian Gollnow/DPA)

Am schlimmsten wirkt sie, wenn sie nicht verstanden wird.

Von Kurt Kister

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat gesagt: "Ironie funktioniert nie in der Politik." Er bezog das auf die jüngste Affäre um seinen Tübinger Parteifreund Boris Palmer, der zwar phänotypisch Jan Böhmermann ähnelt, aber deswegen noch kein Ironiker ist oder gar als solcher blöd daherreden sollte. Wenn man allerdings bedenkt, dass Kretschmann, der ehemalige Kommunist, als überparteilicher Grüner mit CDU-Neigung jetzt in der dritten Legislaturperiode im behäbigen Südwesten regiert, könnte man sehr wohl sagen, dass Ironie in der Politik funktioniert. Der Wortstamm von Ironie kommt aus dem Altgriechischen; eironeia heißt Vortäuschung, Verstellung. Wer ironisch schreibt oder spricht, bedient sich im besten Falle einer Vielfalt von Stilmitteln, mit denen man seine Meinung oder seine Haltung verschleiert, übertreibt, ins Gegenteil verkehrt, um klarzumachen, was er oder sie in Wirklichkeit von einem Vorfall, einem Satz, einer Handlung hält. Ironie kann lustig, aber sie kann auch böse sein. Am schlimmsten wirkt Ironie, wenn sie nicht verstanden wird. Große Ironiker wie Heinrich Heine oder Kurt Tucholsky haben gezeigt, dass feine Ironie eine mächtige Waffe auch der eigentlich Ohnmächtigen sein kann. Allerdings ist vieles von dem, was heute als Ironie bezeichnet wird, oft nur geschmackloser Klamauk.

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