Berlin:Flaggenstreit

Lesezeit: 1 min

Ist der Senat an den Gedenktagen zum Kriegsende wirklich gegen Zeichen der Solidarität mit der Ukraine vorgegangen? Das lässt sich nicht ernsthaft behaupten.

Kommentar Verena Mayer

Polizisten, die eine blau-gelbe Fahne an sich nehmen und einrollen, während Jugendliche fassungslos danebenstehen, die mit dieser Fahne ihre Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck bringen wollten: Die Bilder von den Gedenkveranstaltungen am 8. Mai in Berlin gingen um die Welt. Und sie dürften alle jene bestätigen, die seit Tagen die Entscheidung des Berliner Senats kritisiert hatten, im Umfeld von Ehrenmälern und Erinnerungsorten jede Art von Fahnen zu verbieten, also auch die blau-gelben der Ukraine. Für viele war der Fahnenbann ein weiteres Zeichen dafür, wie schwer es Deutschland fällt, sich in Zeiten wie diesen auf die richtige Seite zu stellen. So sprach der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba von einer Attacke auf alle, die mit dieser Fahne in Händen Europa und Deutschland gegen die russische Aggression verteidigen würden.

Ob das Fahnenverbot rechtens war, darüber müssen nun die Gerichte entscheiden, am Montag wollte der Berliner CDU-Generalsekretär die Verfügung vor dem Verwaltungsgericht rückwirkend kassieren lassen. Mit einer Fahne der ukrainischen Opfer des russischen Angriffskrieges gedenken zu dürfen, sei nicht nur eine Frage der Meinungsfreiheit, sondern auch des Anstands, so seine Begründung.

Das alles ist viel Aufregung über ein viel zu wichtig genommenes Thema. Denn die Entscheidung des Senats war richtig. Zum einen galt es Provokationen zu vermeiden, die es zweifellos gegeben hätte, wenn Leute mit russischen oder sowjetischen Fahnen und Militärsymbolen zu diesem historischen Gedenken aufmarschiert wären. Zum anderen war der Fahnenbann äußerst begrenzt: Er galt punktuell an 15 Denkmälern, und da auch nur für Umstehende. Staatsvertreter, Diplomatinnen oder Kriegsveteranen, die mit Fahnen der Befreiung Deutschlands vom Nationalsozialismus gedenken wollten, durften dies tun. Und alle anderen Berlinerinnen und Berliner können im Rest der Stadt Fahne zeigen, wann auch immer sie wollen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: