Anne Spiegel:Glück gehabt

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Die Familienministerin hat in Mainz Fehler gemacht. Mehr als ein Imageschaden droht ihr aber nicht.

Von Gianna Niewel

In den Medien sind in den vergangenen Tagen alte SMS aufgetaucht, die Anne Spiegel geschickt und bekommen hat, und keine der Nachrichten wirft ein gutes Licht auf sie. Die SMS legen nahe, dass sich Spiegel nach der Flutkatastrophe an der Ahr - da war sie noch Umweltministerin in Mainz - vor allem um ihr Ansehen sorgte. "Das Blame Game könnte sofort losgehen, wir brauchen ein Wording, dass wir rechtzeitig gewarnt haben", schrieb sie am Tag nach der Flut an ihren Pressesprecher. Ausgerechnet sie.

Inzwischen ist Anne Spiegel Bundesfamilienministerin, in Berlin hat die Grüne nicht nur an ihrem politischen Profil gearbeitet - etwa mit der geplanten Kindergrundsicherung - , sondern auch an ihrem Image: modern, zupackend, zugewandt. Das aber hat spätestens in der vergangenen Woche Schaden genommen.

Am Freitagabend wurde die Ministerin als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss des Mainzer Landtags zur Flutkatastrophe verhört, und schnell war klar, dass die SMS nicht ihr einziges Problem sind. Noch am Tag der Flut, um 16.43 Uhr, ließ sie eine Pressemitteilung verschicken, in der sie sich so zitieren lässt: "Wir nehmen die Lage ernst, auch wenn kein Extremhochwasser droht." Zu dem Zeitpunkt hatte die Landesumweltbehörde, die zu ihrem Ministerium gehört, bereits Pegelstände von 5,19 Meter vorausgesagt. Spiegel sagte, sie habe die Mitteilung vor der Freigabe "kursorisch" gelesen, sich auf die Fachleute verlassen. Kurze Zeit später nannte ihr Staatssekretär die Mitteilung "überholt", das Ministerium verschickte trotzdem keine Korrektur. Da geht es nicht mehr um ein "Wording", sondern um die Frage, wann sie Informationen über die katastrophale Lage an der Ahr hatte - und wie sie sie einschätzte. Es geht um Verantwortung.

So hat Spiegel gerade vor allem Glück: dass sie von Mainz nach Berlin gewechselt ist, dass der Ukraine-Krieg alles überlagert. Auch das Blame Game, das sie so nicht mehr gewinnen kann.

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