2004 kam mit Bianca - Wege zum Glück die erste Telenovela nach Deutschland, seither ist der filmgewordene Liebesroman fester Bestandteil vor allem der gebührenfinanzierten Nachmittagsunterhaltung. Am Montag startet im ZDF Lena - Liebe meines Lebens (wochentags 16.15 Uhr). Wieder trifft hübsches Mädchen auf schönen Mann, am Ende geht es wahrscheinlich gut aus. Die Schicksale von Bianca, Lena und Alisa unterscheiden sich nur im Detail: fünf Zutaten der Telenovela.
Ländereien Das passende Setting für 42 Minuten Realitätsflucht ist keine Drei-Zimmer-Wohnung in Köln-Nippes. Lena, eine blonde Fensterputzerin aus der Karnevalsstadt, fällt einer Gräfin vom Fahrradsattel vor die Füße. Die nimmt sie mit auf ihr Gut, steckt sie in ein himmelblaues Kleid und macht schwuppdiwupp eine Prinzessin aus ihr - genau genommen ihre Gesellschafterin, so dass Lena keine Vogelexkremente mehr von anderer Leute Scheiben putzen muss. Das hübsche Aschenputtel, das ist schnell klar, gehört in ein Schloss und nicht zu dem muskelbepackten Automechaniker, der zu Hause wartet. Auch junge Männer macht so ein grafliches Anwesen attraktiver, weshalb der Komponist (siehe Lieder) und Enkel des Hauses David leichtes Spiel hat.
Lieder Werdende Liebespaare erkennt man nicht erst seit Jane Austen an ihrer gemeinsamen Liebe zur Musik. Sitzen also ein junger Mann und ein unschuldiges Mädchen zusammen an einem Flügel, ist unschwer zu folgern, wer hier wen am Ende heiratet. David, der junge Graf, zu Beginn frauenmäßig ein ziemlicher Tunichtgut (-> Liebe), komponiert in Hollywood Filmmusik. "Jede Frau hat ihre ganz eigene Melodie" erklärt er - er kann davon das ein oder andere Liedchen singen. Lena, das erkennt er sofort, hat ein glockengleiches Stimmchen und muss groß rausgebracht werden (-> Lena). Schnell schlagen da zwei Herzen im selben Takt.
Lügen Allein mit Harmonie ist keine Sendung zu füllen. Einem jungen Glück muss etwas in den Weg gestellt werden. Hierfür gibt es auf dem Landgut ein paar moralisch höchst fragwürdige Familienmitglieder, die man daran erkennt, dass sie die rüstige Gräfin ins Altenheim abschieben wollen. Denen passt es nicht, dass diese Lena ständig auf dem Schloss herumhängt und der Oma, die doch nur noch ihr Geld vererben soll (-> Ländereien), womöglich das Leben verlängert. Es wird also intrigiert und gelogen, unschuldigen Menschen werden maskierte Männer auf den Hals gehetzt, am Ende werden sogar Schüsse fallen.
Liebe David von Ahrensberg pflegte bisher ein lockeres Verhältnis zum anderen Geschlecht, gleich zu Beginn vernascht er eine ihm bis dahin unbekannte Dame auf einer Flugzeugtoilette. Das liegt aber nur daran, dass er die Richtige noch nicht gefunden hat - bis er Lena trifft. "Nur ein einziges Mal habe ich an die Liebe geglaubt", heißt es aus dem Off, "ich dachte, diese Liebe könnte mich retten." Lena ist für eine Rettung die Richtige: Sie achtet ihre Eltern, kümmert sich um den Sohn ihres Autos reparierenden Lebensgefährten. Der hat Dreck am Stecken, sonst könnte Lena ihn ja nicht ohne moralische Einbußen gegen den feinsinnigen Komponisten eintauschen. Vom Blitz der Liebe getroffen, lernt David schnell, wie man mit der Richtigen umgeht: "Frauen sind für die Liebe geschaffen und nicht, um mich mit Ihnen zu streiten."
Lena Ganz abgesehen davon, dass der Titel der Serie durch die dreifache Alliteration des Buchstaben "L" nur gewinnen kann: Der Name der Protagonistin ist so geschickt gewählt, dass man kaum an einen Zufall glauben mag - so sehr ihn das ZDF auch beteuert. Der Name "Lena" ist in Deutschland fast als Synonym für eine liebreizende junge Frau mit goldener Kehle (-> Lieder) zu verwenden, seit Lena Meyer-Landrut den Eurovision Song Contest gewann und zur deutschen Volksheldin avancierte. Mit diesem Namen muss der Zuschauer gar nicht mehr sehen, dass Lena in ihrer Freizeit kleine Hunde und alte Damen rettet. Lena heißt Lena - und Lena ist eine von den Guten. (-> Liebe)