Wechsel bei Bertelsmann:Gerhard Zeiler verlässt RTL Group

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Überraschend hat die RTL Group den Abschied von Vorstandschef Gerhard Zeiler bekanntgegeben. Der erfolgreiche Fernsehmanager war in den vergangenen Jahren besonders für Bertelsmann wichtig. Nun verlässt er auf eigenen Wunsch den Fernsehkonzern - und Anke Schäferkordt steigt auf.

Christopher Keil, Hans-Jürgen Jakobs und Katharina Riehl

Als die RTL Group vor wenigen Wochen vermeldete, den früheren Pro-Sieben-Sat 1-Chef Guillaume de Posch, 53, in ihren Vorstand zu berufen, da stand bereits die Frage nach der langfristigen Personalplanung im Raum. Gerhard Zeiler, 56, seit März 2003 Vorstandsvorsitzender der RTL Group, hat eine gewisse Bedeutung erlangt - die Berufung de Poschs hätte man als Zeichen seines bevorstehenden Abschieds verstehen können. Im Umfeld des Unternehmens wurde das als verfrühte Annahme bezeichnet; zudem hatte Zeiler seinen Vertrag erst kurz zuvor bis 2015 verlängert.

Umso größer die Überraschung, als Europas größter Fernsehkonzern an diesem Dienstagabend tatsächlich Zeilers Abschied bekannt gab. Er gebe seinen Posten bei der RTL Group zum 18. April 2012 auf, dem Datum der Hauptversammlung - auf eigenen Wunsch. In einem Brief verabschiedete sich Zeiler von seinen Kolleginnen und Kollegen: Von gesteigerter Umsatzrendite und von der Notwendigkeit des Wandels war darin die Rede.

Zeilers Weggang löst größere Personalrochaden aus. Schon der ersten Pressemitteilung war das zu entnehmen: Gemeinsam mit de Posch wird Anke Schäferkordt, 49, nun den Vorstandsvorsitz der RTL Group übernehmen. Sie macht das zusätzlich zu ihren Aufgaben als Geschäftsführerin von RTL Deutschland - und sie soll demnächst in den Vorstand des RTL-Mutterkonzerns Bertelsmann aufrücken. Der Aufsichtsrat wird das Ende März formal beschließen.

Die Bertelsmann-Eigentümerin Liz Mohn findet, es sei Zeit, dass in dem Gütersloher Unternehmen Frauen an die Spitze des Managements gelangen. Er finde, "dass gemischte Teams einen Wettbewerbsvorteil darstellen", kommentiert Bertelsmann-Vorstandschef Thomas Rabe. Schäferkordt sei eine "herausragende Unternehmerin". Die Betriebswirtin hatte 2005 die RTL-Deutschland-Führung von Zeiler übernommen.

Die Personalien im TV-Geschäft sind in Gütersloh von höchstem Belang. Schließlich liefert die RTL Group den weitaus größten Gewinnbeitrag im Konzern ab. Eine Doppelspitze soll jetzt in Luxemburg den Fluss des Geldes sichern. Zeilers Favorit de Posch war bei der RTL Group als Chief Operating Officer eingestiegen, als Mann für alles. Nun wird der Belgier Co-Chef. Neben Schäferkordt, die als Bertelsmann-Vorstand freilich höher einzustufen ist, gehört Finanzchef Elmar Heggen dem Vorstand an.

Zeilers Stärke war, dass er seine Schwäche fürs Programm nie ablegte

Gerhard Zeiler, 1955 in Wien geboren, zählt international zu den erfolgreichsten Fernsehmanagern. Der Ex-Intendant des ORF war 1998 nach Köln zu RTL Deutschland gekommen, als Nachfolger des Pioniers Helmut Thoma, der sich mit Bertelsmann überworfen hatte. Der Neue installierte Erfolgsformate wie Wer wird Millionär?. Und der in politischen Dingen versierte Sozialdemokrat Zeiler verhielt sich taktisch geschickt gegenüber den Eignern aus Ostwestfalen. Seine RTL Group trug mit hohen Gewinnen wesentlich zum Schuldenabbau Bertelsmanns bei; die waren entstanden, weil der Konzern einen Anteil des Barons Albert Frère für 4,5 Milliarden Euro zurückkaufte, um einen Börsengang zu verhindern. Zeiler war Güterslohs Geldbote.

Vieles gelang dem einstigen Handballspieler, nur die Expansion in England (Channel Five) glückte ebenso wenig wie das Investment in Griechenland. Der Manager mied Gütersloh weitgehend, die Ausflüge dorthin waren auf ein Minimum beschränkt. Auch die Tatsache, dass Zeilers einstiger Finanzchef Rabe dort bei Bertelsmann inzwischen Vorstandschef ist, hat am offenkundigen Fremdheitsgefühl wenig geändert. Wohl eher im Gegenteil. Auch in der RTL-Group-Zentrale in Luxemburg hielt sich Zeiler nur ein, zwei Tage in der Woche auf. Er hatte ein System permanenter Treffen mit den Verantwortlichen der Sender und des Produktionsgeschäfts entwickelt, ein management by travelling. Er habe immer in die Unternehmen hinschauen, Atmosphäre und Geist erfahren wollen, sagte er einmal.

Zeilers Stärke war, dass er seine Schwäche fürs Programm nicht ablegte. Er soll nicht selten bis in die Programmierung hinein gewirkt haben bei Sendern der RTL Group, stets war er im Bilde über jede neue Show auf dem Fernsehmarkt und das Abschneiden der Unterhaltungsformate in den jeweiligen Ländern. Er ist einer der wenigen Europäer, die von US-Fernsehmanagern geschätzt werden.

Über Zeilers Zukunft außerhalb des Konzerns war zuletzt wiederholt spekuliert worden. Beim Generationenwechsel in Gütersloh spielte er erkennbar keine große Rolle. So war er etwa beim ORF wieder im Gespräch. Am Abend gab dann allerdings der zur Time-Warner-Gruppe gehörende US-Medienkonzern Turner Broadcasting System bekannt, Zeiler sei zum Präsidenten von Turner Broadcasting System International ernannt worden. Er verantwortet damit alle Unterhaltungs-, Nachrichten- und Kinderkanäle des Unternehmens außerhalb Nordamerikas, darunter CNN International. Nach Angaben des Unternehmens soll er mit seinen 3800 Mitarbeitern vor allem für Wachstum in Europa und Asien sorgen. Zeiler wird offenbar von London aus arbeiten.

© SZ vom 08.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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