Spielfilmtipps zum Wochenende:Kollision der Weltanschauungen

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Träumen von einem radikal unkonventionellen Leben: Theo, Isabelle und Matthew (v. l. Louis Garrel, Eva Green, Michael Pitt). (Foto: Peninsula /RPC Dreamers/Fiction/Arte/ZDF)

"Die Träumer", "Spider-Man", "Toni Erdmann" und "Möge sie in Frieden ruhen": die Filmtipps zum Wochenende.

Von Tim Feldmann

Die Träumer

Erotik, Arte, Sonntag, 22.50 Uhr

Politik durchdringt alles. Film zeigt alles. Sex tut alles. Und Bernardo Bertolucci lässt in seinem Meisterwerk Politik, Film und Erotik ineinander zerfließen. "Es ist so, als wär' die Kamera ein Schlüsselloch in der Schlafzimmertür deiner Eltern. Und du beobachtest sie heimlich. Und das ist widerlich. Aber du kannst nicht aufhören zuzusehen. Darum sind Filme wie Verbrechen", resümiert Matthew. Während der Unruhen im Paris '68 lernt der amerikanische Student Isabelle und Theo durch ihre geteilte Liebe zum Film kennen; gleich darauf gleiten sie in ihre eigene sexuelle Inszenierung ab. Lechzend in der Sucht zur Cineastik, verfällt Matthew dem Liebesspiel der Zwillinge. Er erfährt ihre frivole, revolutionäre Auflehnung gegen die elterliche Moral. Doch Matthew erlebt, wie seine Liebe zu Isabelle zu einer wirren Farce gerät.

Spider-Man

Superhelden-Action, RTL 2, Sonntag, 20.15 Uhr

Spider-Man im Free-TV ist wie die Pizza zum Film: schon Hunderte Male gehabt, immer noch gut und Garantie für das, was verdient, als Fernsehabend betitelt zu werden. Dabei reden wir von dem Spider-Man, bei dem der berühmte Satz "Aus großer Macht folgt große Verantwortung" am konfliktreichsten verfängt. Schon die unvergleichliche Mimik durch seinen Darsteller Tobey Maguire verleiht diesem Spider-Man die Tiefe, die nur ein von moralischen Dilemmata zerrissener Superheld in sich tragen kann. Die Geschichte ist bekannt: Der Waise wird bei einem Schulausflug von einer Laborspinne gebissen. Darauf entwickelt er übermenschliche Kräfte, die ihm zum Helden machen, nachdem er durch den Tod seines Onkels Demut erfährt. Dieser Spider-Man des Regisseurs Sam Raimi will das Gute, schafft aber auch Neid und Zweifel; ist fehlbar wie seine Kontrahenten.

Toni Erdmann

Komödie, One, Samstag, 23.05 Uhr

Toni Erdmann kommt zunächst wie einer dieser schnöden deutschen Freitagabendfilme daher. Vater hat Tochter lange nicht gesehen, weil Tochter Karriere macht. Auf seinen Besuch hin leiden die Nerven beider. Aber irgendetwas hat die kritischen Leute bei den Oscars, beim Europäischen Filmpreis und all den vielen anderen Preisen überzeugt. Wenn der Musiklehrer Winfried (Peter Simonischek) und seine Tochter, eine Unternehmensberaterin (Sandra Hüller), sich begegnen, kollidieren Welten. Er bringt Leute zum Lachen, sie outsourct Menschen. Er verarbeitet den Tod seines Hundes, sie arbeitet sich die Karriereleiter hoch. Dieser Film erzählt vom Gift der Distanzierung in der Familie, im Beruf, unter Freunden und entdeckt den Humor als bahnbrechende Instanz, um Widersprüche von Generationen zu überbrücken.

Möge sie in Frieden ruhen

Kurzfilm, Arte, Nacht zu Sonntag, 2.50 Uhr

Möge sie in Frieden ruhen - das wünscht man ihr wirklich. Denn ihr Ableben fördert die Zerwürfnisse unter den Verbliebenen zutage. Solche Geschichten sind vertraut. Sie werden in allen Kulturräumen erzählt. Arte lässt Nazgol Kashani seine iranische Version erzählen. Auf Persisch, aber mit einem Wiedererkennungswert, der die Untertitel obsolet macht. Als Mahshids und Ahads Tante stirbt, kehren die Geschwister zurück an das vernachlässigte Familiengrab. Ein kalkulierender Konflikt bricht aus, bei dem Verdrängtes eingestaubt ist wie das Grab. Den Geschwistern gehen, während sie Trinkgeld geben, die Scheine aus. So ringen sie miteinander und mit ihren sozialen Ansprüchen, ob die Tante nicht irgendwie noch in das bestehende Grab unterzubekommen sei. Der Kurzfilm zeigt den finanziellen Niedergang Hand in Hand mit dem sozialen.

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