TV-Kritik zu "Menschen bei Maischberger":Kein Glanz, viel Gloria

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"Papst ohne Einfluss; wer braucht noch Benedikt?", fragt Sandra Maischberger kurz vor der Deutschlandreise des Heiligen Vaters. Gute Frage, leider an merkwürdige Experten. Antwort geben sollen ein Schauspieler, ein Bild-Reporter und Gloria von Thurn und Taxis. Die knüpft beim Wort "Kondomverbot" immerhin an einen ihrer früheren Talkshow-Höhepunkte an.

Carsten Janke

Den Papst hätten sie alle gern mal. Günther Jauch und Anne Will haben das öffentlich bereits zugegeben. Es ist anzunehmen, dass auch die Moderatoren Frank Plasberg, Reinhold Beckmann und Sandra Maischberger sich darüber freuen würden, wenn das Oberhaupt der katholischen Kirche zu ihnen in die Talkshow kommt. Besonders in dieser Woche, in der Benedikt XVI. zu seinem ersten offiziellen Staatsbesuch nach Deutschland kommt.

Den Papst hatte Moderatorin Sandra Maischberger nicht zu Gast. Deshalb musste diese Woche Ersatz her. (Foto: dpa)

Doch da der Papst nicht in Talkshows geht, musste diese Woche Ersatz her. Das ist gar nicht so einfach, insbesondere da seit September allein im Abendprogramm der ARD fünf Talkshows pro Woche über eine sinnvolle Besetzung ihrer Talkrunde buhlen.

So kann es kommen, dass die Maischberger-Redaktion, einen Schauspieler, eine Adlige, einen Bild-Reporter und eine Frauenrechtlerin mit einem evangelischen Theologen und einem katholischen Prälaten über den Papst sprechen lassen, und zwar unter der Überschrift: "Papst ohne Einfluss; wer braucht noch Benedikt?"

Ein homosexueller Schauspieler und ein ehemaliger Papst-Vertrauter sitzen zur selben Zeit in der ZDF-Talkshow bei Markus Lanz. Da keine Missbrauchsopfer, Pastoren mit Kindern oder Ex-Pastoren mit Frauen dabei sind, geht die persönliche Betroffenheit in der Maischberger-Runde gegen Null. Sagen wollten trotzdem alle was zum Papst.

Geschichten vom "kleinen, scheuen Mann"

Die Moderatorin fragt sich mit zunehmendem Tempo durch den Abend, scheinbar immer in der Hoffnung, klare Meinungen könnten ernsthafte Erklärungen oder gar theologischen Diskurs ersetzen.

Der atheistische Schauspieler und die katholische Adlige geben die "Lifestyle-Experten" in dieser Gesprächsrunde - eine Gästekategorie, die offenbar in keiner Talkshow mehr fehlen darf. In der Rolle geben sowohl Mathieu Carrière ("Religiöse Gefühle sind selbst verabreichtes Morphium") als auch Gloria von Thurn und Taxis ihr Bestes ("Freiheit ist deine Sklaverei"). Mit einem Lachanfall bei dem Stichwort "Komdomverbot" knüpft die Adlige von Thurn und Taxis sogar an frühere Talkshow-Höhepunkte an ( "Der Schwarze schnackselt gerne").

In dieses Getümmel hinein versuchen nun die übrigen Gäste ihre Statements zu platzieren. Der katholische Prälat Wilhelm Imkamp entdeckt bei allen Gästen einen Bezug zu Gott, der evangelische Theologe Friedrich Schorlemmer wünscht sich den Joseph Ratzinger von 1972 zurück und Andreas Englisch, früher Vatikankorrespondent der Bild-Zeitung, erzählt Geschichten von Wunderheilungen in der Karibik und dem "kleinen, scheuen Mann", der heute Papst ist.

Englisch äußert außerdem, dass zwei Drittel aller Bischöfe, die er kenne, insgeheim die Aufhebung des Abendmahl-Verbots für bestimmte Gruppen befürworteten. Hier kommt die Adlige von Thurn und Taxis wieder hinzu, die trotz ihrer Patchwork-Familie eine "stolze Katholikin" sei. Mit den Regeln der Kirche sei es eben wie beim Fußball. Wenn sie einem nicht passten, müsse man ja nicht in der A-Mannschaft spielen. Ein Elfmeter sei eben ein Elfmeter und es gebe ja auch keine Sittenpolizei wie im Iran, die all das überprüfe. Doch da hatte sie sich bereits verdribbelt.

Der katholische Prälat Imkamp findet sich schnell in der Rolle des "Stoppschild Gottes" wieder. Er warnt vor jeglicher Liberalisierung der Kirche, die nur zu einem Aufstieg "fanatischerer" Religionen führen würde. Etwas Ruhe in die Sendung bringt nur der evangelische Theologe Schorlemmer, der daran erinnerte, dass die Kirche mehr sei als ihre Position zu Homosexualität, Pille und Abtreibung. Im sozialen Bereich und in der Pflege hilfsbedürftiger Menschen sei sie eine wichtige "Motivation und Bestärkung" für die Helfenden. Fast dankbar ließ die sichtlich erschöpfte Sandra Maischberger dieses Schlusswort ausklingen.

In der nächsten Woche diskutieren dann Lady Bitch Ray und Alice Schwarzer an selber Stelle. Eine entspanntere Diskussion wird wohl auch dann nicht zu erwarten sein.

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