TV-Kritik:Kaisers Hand

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Eine Dokumentation bei Arte erzählt die Geschichte der berühmten Kunstausstellung in Teheran. Ein leichter, unaufgeregter Film über die sich wandelnde Rolle der Kunst in einem nicht unkomplizierten Land.

Von Sonja Zekri

Von der Eröffnung der sagenhaften Teheraner Kunstausstellung mit ihren Pollocks und Rothkos und Picassos 1977 gäbe es mehr Bilder, wenn der Schah nicht so blöd gewesen wäre. Klingt hart, aber wie soll man das nennen, wenn jemand - und dann der Schah von Persien! - Öl nicht von Wasser unterscheiden kann? Im neu eröffneten Teheraner Museum für Zeitgenössische Kunst hatte der Japaner Noriyuki Haraguchi einen Ölsee geschaffen, schwarz, glänzend, spiegelglatt. Und der Schah? Tunkt seine Hand hinein. Die Festgesellschaft - seine Frau Farah Diba, Höflinge, westliche Künstler ohne Berührungsängste mit der Diktatur - erstarrte. Die Hand! Des Kaisers! Beschmutzt! Dann lachte Farah Diba, die Gäste seufzten auf. Aber der Geheimdienst sammelte alle Negative ein, auch jenes der jungen Fotografin Jila Dejam: "Dieser Moment sollte nicht aufgenommen werden."

Es ist der Augenblick, in dem der Film interessant wird. Bis dahin, also das gute erste Drittel, lebt Der verborgene Schatz von Natalie Amiri vornehmlich von den Lebenslügen und Selbstbeweihräuchrungen der Entmachteten, genauer: der Ex-Kaiserin Farah Diba und ihres Cousins Kamran Diba, des Architekten des Museums. Wie sie mit der Sammlung Iran Fortschritt, Schönheit, ja, Identität geben wollten, und das für kleines Geld! 110 000 Dollar für einen Lichtenstein, 27 000 Dollar für einen Warhol, nur 3,5 Millionen Dollar die ganze Sammlung, eine Summe, die sich seitdem vervielfacht hat, wie Farah Diba, ganz knickerige Unternehmerin, feststellt.

Aber dann führt der Film nach Iran, und es wird spannend. Nach der Islamischen Revolution war die Sammlung über Jahrzehnte unzugänglich, ein Teil der Werke sollte im Januar in Berlin gezeigt werden. Nun zeigt sich, dass die selbstbewussten iranischen Kunststudentinnen zwar hochinteressiert an einem Austausch sind, aber eine Ausstellung in Berlin gar nicht uneingeschränkt gut fanden. Schöner wäre es, wenn die Werke erst in Iran zu sehen seien, sagt eine. Vielleicht kehren sie ja nicht mehr zurück, deutet eine andere an.

Ihr Lehrer, der Bildhauer Parvis Tanavoli, ist alt und weise genug, um die Debatte als Emanzipationsbewegung zu deuten: In den Fünfzigern kamen iranische Künstler aus dem Ausland in ihre Heimat zurück und waren stolz, dass sie westliche Künstler imitierten. Als Farah Diba Kunst sammelte, dachten viele, Iran sei der Werke nicht würdig. Die heutige Künstlergeneration aber wolle ihre Anliegen ausdrücken, und das solle sie auch.

Die Ausstellung in Berlin platzte nach iranischem Zögern, und man merkt dem Film an, dass er auf ein anderes Ende hin geplant wurde. Aber das macht nichts. Er dokumentiert auf leichte, unaufgeregte Weise die sich wandelnde Rolle der Kunst in einem nicht unkomplizierten Land.

Der verborgene Schatz. Die legendäre Kunstausstellung des Iran , Arte, Sonntag, 17.35 Uhr.

© SZ vom 25.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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