TV-Doku:Botschafter der Herzen

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Dream-Team: Julian Assange (li.) und sein Anwalt Baltasar Garzón. (Foto: Inselfilm/WDR)

Der WDR zeigt ein liebedienerisches Porträt über Julian Assange, in dem für seine Kritiker kaum Platz ist.

Von Viola Schenz

Vergangene Woche hat sich Pamela Anderson zu Wort gemeldet. "Egal wo ich bin, ich kann diesen Mann nicht vergessen", schrieb die Schauspielerin auf ihrer Website über Julian Assange. "Ein Mann, der so viel riskiert und so wenig Dankbarkeit bekommt." Den beiden wird eine Affäre nachgesagt. Assange ist derzeit sicherlich für jede Art Solidaritätsbekundung dankbar. Seit fünf Jahren ist der Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks in der Botschaft Ecuadors in London untergetaucht. Verlässt er seinen Fluchtort, riskiert er die Festnahme durch die britische Polizei und die Auslieferung in die USA, wo ihm ein Prozess wegen Geheimnisverrats droht.

Zusammen mit der Filmproduktion Media Sur (Spanien) und Inselfilm (Berlin) rollt der WDR den Fall Assange 90 lange Minuten auf. In der Falle ist aber, anders als angekündigt, weniger eine Dokumentation als vielmehr eine Heldenverehrung. Die Macher verstoßen von Anbeginn gegen einen journalistischen Grundsatz: Mach dich nie mit einer Sache gemein, auch nicht mit einer vermeintlich guten. Assange ist stets der Gute, vor allem aber das Opfer. Das sich mit ein paar Plastikkisten und einer UV-Lampe auf 30 Botschaftsquadratmetern einrichtet, und dem körperliche und seelische Beeinträchtigungen mit Todesfolge dräuen. Der andere Gute ist sein Hauptverteidiger, der "Staranwalt" Baltasar Garzon. In endlosen Passagen filmt ihn das spanische Team am Schreibtisch, im Auto, bei Besprechungen mit Mitarbeitern, mit umarmenden Anhängerinnen, beim Bestellen von "Black Coffee" in einem Café. Man gewinnt den Eindruck, Garzon habe bei diesem Film selbst Regie geführt. Wer nicht oder nur flüchtig vorkommt, sind Assanges Kritiker, die Staatsvertreter Großbritanniens oder der USA, die ihm Spionage vorwerfen.

Mit einem so einseitig angelegten Film erweist man Assange und seinen Anhängern einen Bärendienst. Dann doch lieber Sympathieerklärungen von Frau Anderson.

In der Falle - Julian Assange zwischen Politik und Justiz , WDR, 22.55 Uhr.

© SZ vom 28.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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