Sky-Serie "Hausen":Es rappelt im Beton

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Hausmeister Jaschek (Charly Hübner) mag den Generalschlüssel haben, den Durchblick hat er aber noch lange nicht. (Foto: Reiner Bajo/Sky Deutschland)

In dem erstklassigen Mystery-Thriller "Hausen" zeigt Charly Hübner im Lauf von acht Folgen, wo wahrer Horror im deutschen Plattenbau zu finden ist.

Von Aurelie von Blazekovic

Bedrohlich ragt ein maroder Plattenbau in neblige Höhen, Betontürme, die scheinbar nicht enden wollen. In einer frostigen Welt hat Jaschek (Charly Hübner) eine Stelle als Hausmeister angenommen, mit seinem 16-jährigen Sohn Juri (Tristan Göbel) zieht er in den Block ein. Was von außen schon ungemütlich aussieht, wird im Inneren viel schlimmer. Drogen und Prostitution, Einsamkeit, Elend und Gangs - so grau wie diese Beton-Welt in der Sky-Serie Hausen kann kaum eine Realität werden.

Es tropft und glitscht und mieft an allen Enden, eine unheimliche, schwarze Substanz fließt aus Heizungsrohren und Wasserhähnen. Jaschek, der bärenhafte Mann mit dem Generalschlüssel, soll hier aufräumen, das Haus in Ordnung bringen, nebenbei vielleicht auch sich selbst und Sohn Juri, dessen Mutter kürzlich verstorben ist.

Doch der Plattenbau in Hausen ist ein dunkler Wald aus Rohren, Leitungen, Aufzügen und Versorgungsschächten, ein kaum noch zu reparierendes System. Auch wenn Jaschek das lange nicht wahrhaben will. Die Welt ist hier undurchdringbar und gefährlich. Manches verschwindet in diesem Organismus aus Beton. Die Wände werden weich und wieder hart, und aus den Schächten hallen Stimmen aus der Vergangenheit. Verbunden ist alles durch den schwarzen Schleim und die Einsicht: Jaschek bekommt hier erst mal gar nichts in den Griff.

Hausen ist eine sehr sinnliche Serie. Man meint, die Feuchtigkeit an den Wänden zu fühlen, das Muffige der Polstermöbel zu riechen, das Quietschen des Lineoleumbodens unter den Schuhen zu hören, das Flackern der Neonröhren. Und trotz allem Grusel muss man diese Serie eigentlich im Dunkeln sehen, weil sie so sehr in dramatischer Finsternis gehalten ist, dass man auf einem mittelmäßig leistungsstarken Bildschirm kaum etwas sieht. Passenderweise wurden die ersten beiden Episoden am vergangenen Wochenende deutschlandweit in Kinos gezeigt. Und ja: Regisseur Thomas Stuber hat eine so schöne Serie geschaffen, dass sie auch auf die große Leinwand passt.

Juri begibt sich auf die Suche nach den Rätseln im Block, nach dem dunklen Bann, den er auf seine fahl gesichtigen Bewohner auszuüben scheint. Man hofft, er möge seine Wohnung bitte nicht verlassen. Er tut es trotzdem. Aushalten können muss man auch den Achtzigerjahre-Ost-Look: Die großartige Ausstattung staubt in Polstern, Trenchcoats und Pelzmützen.

In acht Folgen entspannt sich bemerkenswerter deutscher Mystery-Horror, mit echten Schreckmomenten und vielen schauderhaften Schleimszenen. Das ist - wenn man so sagen darf - optisch und dramaturgisch auf höchstem Niveau umgesetzt und erinnert auch ein wenig an die Netflix-Serie Stranger Things, wo Wände ebenfalls nie bloß Wände sind. Was Hausen bei diesem Vergleich allerdings fehlt, vor allem im mittleren Teil, das sind Momente der Erleichterung. Aber Hausen ist eben eine deutsche Geschichte, und zwar eine sehr finstere über den Horror, der durch eine Gemeinschaft kriecht, die sich um ihre Schwächsten nicht kümmert.

Hausen, acht Folgen, auf Sky.

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