Servus TV:Gnädiger Herr

Lesezeit: 2 min

"Für hohe soziale Standards bekannt": Senderboss Mateschitz. (Foto: Charles Coates/Getty Images)

Nur einen Tag nach der Nachricht vom Ende für Servus TV nimmt Eigentümer Mateschitz das Aus und die Massenkündigungen zurück. Mehr als 200 Mitarbeiter hatten öffentlich auf die Einrichtung eines Betriebsrates verzichtet.

Von Cathrin Kahlweit

Es war der Abschied vom Abschied: Dietrich Mateschitz, Eigentümer von Servus TV, hat nur einen Tag, nachdem er das Aus für seinen Sender verkündet hatte, weil der finanziell nicht mehr tragbar sei, den Einschaltknopf betätigt. Und damit Gerüchte bestätigt, dass, anders als behauptet, nicht die roten Zahlen der Grund für die Entlassung von 246 Mitarbeitern waren - sondern die vage Drohung der möglichen Einrichtung eines Betriebsrates.

Offenbar war eine Doodle-Umfrage unter den Angestellten kursiert, wer sich mit der Idee einer Mitarbeitervertretung anfreunden könne - und das allein hatte dem Milliardär und Red-Bull-Chef Mateschitz gereicht. Die Idee eines Betriebsrates, sagte er später, habe die Eigenständigkeit des Senders "nachhaltig beschädigt".

Am Mittwoch, einen Tag nach dem Schock über Einstellung und Massenkündigungen, gab es ein Treffen mit dem Eigentümer, in dem der Vorwurf ausgeräumt wurde, dass ein Betriebsrat in Planung sei. Red Bull führe den Sender nun doch weiter, hieß es daraufhin in einer zweiten Presseerklärung. Arbeiterkammer und Gewerkschaft hätten die "Ablehnung der Belegschaft, einen Betriebsrat zu gründen, akzeptiert". Servus TV dazu: "Nicht überraschend für einen Betrieb, der für hohe soziale Standards bekannt ist, lehnt die überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter einen Betriebsrat ab." Alle Seiten hätten die "Fortsetzung der "partei-politisch unabhängigen Linie" begrüßt.

Mehr als 200 der über diese Nacht verständlicherweise hocherfreuten Mitarbeiter unterschrieben einen offenen Brief, in dem sie zusicherten, keine Mitarbeitervertretung anzustreben (auf die sie im Übrigen ein gesetzlich garantiertes Recht hätten, was ihnen aber im Falle einer Firmenschließung wenig geholfen hätte).

Bei Facebook hatte Tausende Nutzer mit der Gruppe "Servus TV - unser Qualitätssender muss bleiben" gegen das Aus protestiert. Es sei, heißt es in einem Posting vom Dienstag, "Didi Mateschitz ein persönliches Anliegen, eine Herzenssache" gewesen, Österreich einen "qualitativ hochwertigen Sender zu schenken". Der habe Land und Leute von ihrer schönsten Seite präsentiert, und Mateschitz, der sein Geld ja auch in Yachten und Privatjets hätte versenken können, habe dafür jährlich fast Hundert Millionen Euro in die Hand genommen. Servus TV zeige, folgt eine Spitze gegen den ORF, wie öffentlich-rechtliches Fernsehen aussehen könne.

Doch mit 1,7 Prozent Marktanteil bei den unter 49-Jährigen in Österreich (in Deutschland liegt der Marktanteil bei knapp einem Prozent) hat der Sender zwar einen guten Ruf, aber keine Zuschauer. Und so waren auch zahlreiche Reaktionen auf Twitter und Facebook zu finden, die darauf hinwiesen, dass man Servus TV am besten durch Einschalten unterstütze.

Aber das wirkliche Schlachtfeld liegt anderswo. Denn auch die Gewerkschaft zeigte sich überschwänglich dankbar. Man habe sich selbstredend nie in die inneren Angelegenheiten des Senders eingemischt und freue sich, dass der Medienlandschaft "weitere Auseinandersetzungen und ein herber Verlust" erspart geblieben seien.

Was man von Arbeitnehmerseite nicht hörte, war die Feststellung, hier herrsche einer nach Gutsherrenart und trete die Rechte der Mitarbeiter mit Füßen. Angst essen Seele auf.

© SZ vom 06.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: