Serien des Monats Januar:Buddenbrooks mit Sarkasmus

Lesezeit: 4 min

Serien des Monats (Foto: World Productions; Amazon Prime;)

Ein Atom-U-Boot, der schillernde Friedrichstadt-Palast in Ost-Berlin, die Familie eines Medienmoguls und ein japanisches Bauunternehmen - im Januar werden viele fremde Welten erkundet. Die Empfehlungen der Redaktion.

Von SZ-Autorinnen und Autoren

Vigil

Was passiert: Ein toter Matrose mit einer Nase voller Drogen - und das ausgerechnet auf einem Atom-U-Boot der britischen Marine. Weil man so ein schwimmendes Raketenarsenal nicht einfach aus dem Verkehr ziehen kann, muss die eingeflogene Polizistin Amy Silva (Suranne Jones) bei laufendem Betrieb unter Wasser ermitteln. An Land bekommt es unterdessen ihre Kollegin und Affäre Kirsten Longacre (Rose Leslie, bekannt aus Game of Thrones und Downton Abbey) mit militanten Atomgegnern zu tun.

Heimlicher Star: Natürlich das U-Boot HMS Vigil.

Nicht geeignet für: Militaristen. Drogen an Bord sind nur einer der vielen echten Skandale der Royal Navy, die von der Serie aufgegriffen werden. Nicolas Freund

Sechs Folgen, in der Arte-Mediathek

L'Ora - Worte gegen Waffen

"L'Ora - Worte gegen Waffen" auf Sky. (Foto: © SquareOne Entertainment)

Was passiert: Sizilien in den Fünfzigerjahren. Antonio Nicastro soll als neuer Chefredakteur die linke Tageszeitung L'Ora aus den Miesen führen. Bald wird das gemeinsame Ziel klar: die Mafia.

Heimlicher Star: die Redaktion von L'Ora. Ein Haufen schräger Vögel, aber voller Idealismus und Mut.

Nicht geeignet für: Leute, die denken, die Mafia gibt es nicht. Und Fans von Happy Ends. Carolin Gasteiger

Zehn Folgen, auf Sky.

Euphoria, Staffel 2

"Euphoria" auf Sky. (Foto: sky)

Was passiert: Die zweite Staffel von HBOs erfolgreichster Teenieserie mit Zendaya in der Hauptrolle. Viel Glitzer, viel Sex, viel Gewalt, viele Drogen, viel Style und eindringliche Charakterzeichnungen. Weinende Teenager, weinende Erwachsene. You name it.

Heimlicher Star: Zendaya ist eigentlich der heimliche und der offensichtliche Star zugleich, aber derzeit sind alle Sympathien bei einem sehr liebevollen Drogendealer namens Fez.

Nicht geeignet für: Jugendliche. Wirklich nicht. Juliane Liebert

Acht Folgen, auf Sky.

As We See It - Ungewöhnlich normal

"As we see it" auf Amazon. (Foto: Ali Goldstein/AP)

Was passiert: Drei junge Autisten an der Grenze zum Erwachsenenalter versuchen, mit dem sogenannten normalen Leben klarzukommen - so wie eben alle jungen Leute. Die Serie konfrontiert sie mit Herausforderungen des Alltags, ohne auf ihrem Anderssein allzu sehr herumzureiten.

Heimlicher Star: Ein Staubsaugerroboter, dem die drei gern hinterhergucken. Wäre doch alles so berechenbar wie er!

Nicht geeignet für: Fans des Sprüche klopfenden Autisten Sheldon Cooper aus "The Big Bang Theory". Autismus wird hier nicht als eine Art Superkraft liebenswerter Nerds verklärt. Philipp Bovermann

Fünf Folgen, auf Amazon.

Succession, Staffel 3

"Succession Staffel 3" auf Sky. (Foto: Colin Hutton)

Was passiert: Der schwerreiche, sehr mächtige amerikanische Medienunternehmer Logan Roy (Brian Cox) kommt mit zwei Neuerungen nicht klar: der Digitalisierung und dem Alter. Er rettet sich mehr schlecht als recht über die Runden, aber die Feinde werden frecher, und seine Aussetzer mehren sich. Sein Sohn Kendall (Jeremy Strong) fasst sich ein Herz und fordert den Patriarchen heraus. Das ist eine seit Thomas Manns "Buddenbrooks" vertraute Ausgangsproblematik. Doch hier ist alles anders, denn Autor Jesse Armstrong bringt britischen Sarkasmus in die Sache: So entsteht eine Mischung aus Shakespeare und Monty Python's Flying Circus, nur mit Privathubschraubern. Es geht nicht um Gut gegen Böse, Ehrlichkeit gegen Korruption oder Wahrheit gegen Lüge, sondern allein um eine Feier der menschlichen Beschränktheit, Boshaftigkeit und Lächerlichkeit.

Heimlicher Star: Der ewig lange Nicholas Braun gibt das Faktotum Greg, der in der ganzen Serie ohne Nachnamen auskommt. In einer planlosen Welt hat er erst recht keinen Plan. Greg bemüht sich, seinen Rest von Güte, von Anstand und seine Werte zu vergessen, um in der Welt der Roys anzukommen. Er verrät buchstäblich den eigenen Großvater - und verliert zuverlässig.

Nicht geeignet für: Menschen, die gerne sehen, wie das Gute gewinnt, oder die die Illusion hegen, die da oben wüssten auch nur halbwegs, was sie tun. Nils Minkmar

Neun Folgen, auf iTunes und Sky.

Der Palast

"Der Palast" im ZDF. (Foto: Julia Terjung/ZDF)

Was passiert: Zwillingsschwestern nach der Geburt getrennt: Der Vater aus dem Westen nimmt eine der beiden Töchter kurz vor dem Mauerbau aus Ost-Berlin mit, die andere bleibt bei der Mutter im Osten und wird Solo-Tänzerin in den überraschend schwelgerischen Revuen des Friedrichstadt-Palastes. Marlene wächst in einer Unternehmerfamilie zur Managerin heran. Dann begegnen sich die beiden, und aus dem Spiel der vertauschten Rollen wird glücklicherweise kein Verwechslungsklamauk, sondern ein so pointiert wie leise inszeniertes Drama über Lebenslügen und getrennte Welten, die mehr Überschneidungen aufweisen, als man glauben möchte. Mitreißende Tanzszenen gibt es auch.

Heimlicher Star: Svenja Jung in der Doppelrolle von Chris und Marlene ist als anrührende Darstellerin der uneingeschränkte Star des Films. Und weil sie zugleich alle Tanzszenen spielt, umgeben von der größten Girlline der Welt, ist sie auch noch der heimliche Star.

Nicht geeignet für: Tanzmuffel und Leute, die mit vielschichtiger Unterhaltung nichts anfangen können. Harald Hordych

Sechs Folgen, ZDF-Mediathek.

Der Pass, Staffel 2

"Der Pass" bei Sky. (Foto: Hendrik Heiden/Sky Deutschland AG)

Was passiert: Wieder sind Elli Stocker (Julia Jentsch) und Gedeon Winter (Nicholas Ofczarek) im deutsch-österreichischen Grenzgebiet einem exzentrischen Serienmörder auf der Spur; wieder weiß der Zuschauer mehr als die Ermittler und knirscht mit den Zähnen, weil er nicht eingreifen kann.

Heimlicher Star: Die Mutter der verdächtigen Gösser-Brüder (Sibylle Canonica), vermutlich irgendwie der Ausgangspunkt von allem Übel und vielleicht einfach aus Selbsthass der plastischen Chirurgie verfallen. Die meiste Zeit ist sie nur ein mit Mull verklebter Kopf, dann zeigt sie ihr wahres Gesicht.

Nicht geeignet für: Brave Jäger. Claudia Tieschky

Acht Folgen, bei Sky.

The Journalist

"The Journalist" bei Netflix. (Foto: Netflix)

Was passiert: Eine einzelne aufrechte Journalistin kämpft sich durch den Sumpf der Korruption und Verschleierung um einen Bauskandal, in den der Premierminister und seine Frau verwickelt sind: Man kennt das vor allem aus dem amerikanischen Kino, aus Filmen wie All the President's Men oder State of Play. In der Miniserie The Journalist ist der Kampf gegen Machtmissbrauch und Korruption in einen anderen Kulturkreis, nach Japan verlegt, wo die besondere Mischung aus devoter Unterwürfigkeit und bedingungslosem Gehorsam die Wände des Schweigens und der Vertuschung noch undurchdringlicher macht.

Heimlicher Star: Die Reporterin Isoko Mochizuki, auf deren 2017 veröffentlichtem Roman nicht nur die sechsteilige Miniserie, sondern auch schon eine in Japan sehr erfolgreiche Kinoadaption aus dem Jahr 2019 basiert. Sie gilt als kämpferische Ausnahmeerscheinung in der ansonsten weitgehend gleichgeschalteten Presse des Landes.

Nicht geeignet für: Menschen, die die Wahrheit für eine Erfindung der Lügenpresse halten. Anke Sterneborg

Bei Netflix , sechs Folgen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Serie "The Afterparty"
:Eine Serie als Chamäleon

Ein aus dem Ruder gelaufener Abend, erzählt aus acht verschiedenen Perspektiven: Die Serie "The Aferparty" ist ein großer Spaß - und ein Hinweis auf eine vertane Chance.

Von Annett Scheffel

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: