Serien-Remake:Charlies Engel werden alt

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Und wieder schnappt die Remake-Falle zu: Der Lipgloss glitzert vielleicht noch etwas mehr als früher, doch ansonsten haben die neuen Engel dem etwas in die Jahre gekommenen Konzept "Stilettos gegen das Böse" nichts hinzuzufügen.

Marten Rolff

Als der amerikanische Sender ABC im September 1976 in Drei Engel für Charlie erstmals ein in jeder Hinsicht schlagfertiges Frauentrio auf Verbrecherjagd schickte, war das sehr außergewöhnlich und wies auf eine Art Emanzipation mit Fäusten hin. Geschenkt, dass die drei Schönen weiter auf einen Mann hörten, immerhin trat Detektei-Chef Charlie nie in Erscheinung, und seine Anweisungen erfolgten, cool wie bei Bond, vom Band.

Das sind Minka Kelly, Annie Ilonzeh und Rachael Taylor (v.l.) als Charlies drei Engel. Leider sind sie kein wenig moderner inszeniert als das Original. (Foto: ABC via Getty Images)

Geschenkt auch, dass es bei Verfolgungsjagden vor allem auf den tollen Sitz von Farrah Fawcetts Föhnwelle ankam. Denn Charlies Engel gehörten bald zu den meistbewunderten Serienfiguren der 70er, die damals neue Mischung aus Härte und Sexappeal wurde so stilbildend, dass Hollywood die Geschichte 20 Jahre später in zwei ebenso erfolgreichen Filmen wiederbelebte - als Kickbox-Choreographie mit Cameron Diaz, Lucy Liu und Drew Barrymore.

Verständlich also, dass ABC der Versuchung nicht widerstand, jetzt auch die Serie neu aufzulegen. Zumal Barrymore, nun im Produzententeam, wieder Aufmerksamkeit versprach und ihr Kollege Leonhard Goldberg die nötige Erfahrung. Goldberg hat bereits Originalserien und Filme produziert, und er tappte prompt in die klassische Remake-Falle: Wer nur auf eine vermeintlich todsichere Erfolgsformel vertraut, läuft schnell Gefahr, es sich zu einfach zu machen. Dem etwas in die Jahre gekommenen Konzept "Stilettos gegen das Böse" haben die neuen Engel jedenfalls nichts hinzuzufügen, sieht man einmal davon ab, dass neue technische Hilfsmittel wie LED-Taschenlampen das Lipgloss noch besser in Szene setzen.

Unter der Karre

Der Cast baut auf phänotypische Abwechslung und glatte Erotik: Minka Kelly (Eve) gilt einigen Zuschauern als Sexiest Woman Alive, das tasmanische Model Rachael Taylor (Abby) ist aus dem Actionstreifen Transformers in guter Erinnerung, und Annie Ilonzeh (Kate) spielte in der Serie General Hospital mit.

Dank rasanter Umschnitte, seltsamer Zufälle, dank enormer Handlungssprünge und Split-Screen-Technik gelingt es den dreien, in Rekordzeit von 40 Minuten einem brutalen Kinderpornoring das Handwerk zu legen. Kein Wunder, denn die neuen Engel sollen harte Mädchen sein. Die Originale heuerten einst bei Charlie an, um dem Frauen zugedachten Telefondienst bei der Polizei zu entfliehen. Im Remake haben die drei Schönen eine Knastvergangenheit, es ist Charlie, der ihnen eine zweite Chance gibt. Bei ihm dürfen sie ihren Ferrari an der Rezeption abgeben oder sich zum Schrauben gleich selbst unter die Karre legen - allerdings nur bis zum Minirocksaum, das nackte Bein wird auf dem Bildschirm gebraucht. Wer das schönste Spielzeug hat, zeigt sich ohnehin am Ende der Folge, als die Engel sich auf Charlies Yacht versammeln und das Luxusboot - sie werden über Funk dirigiert - bewundern dürfen.

Was sagt Eve noch gleich über ihr dunkles Vorleben: "Wer überleben will, muss sich anpassen." Besser hätte man das nicht auf den Punkt bringen können. ABC jedenfalls zog schon nach wenigen ausgestrahlten Folgen und einer Quote von 2,1 Prozent in der Zielgruppe die Reißleine. Kleiner Trost: Dekorativer ist lange keiner mehr vor Miami Beach baden gegangen.

Drei Engel für Charlie, AXN, von 17. Mai an immer donnerstags, 20.15 Uhr- AXN ist ein digitaler Pay-TV-Kanal, der in Deutschland über das Internet-Protokoll, die meisten Kabelnetze und Satellit ausgestrahlt wird.

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© SZ vom 08.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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