ORF:"Fotofinish"

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Alexander Wrabetz bleibt Generaldirektor des ORF. Nach einer Sitzung des Stiftungsrats setzt er sich knapp gegen den Herausforderer Richard Grasl durch. Die politische Botschaft der Abstimmung: SPÖ schlägt ÖVP.

Von David Denk

Alexander Wrabetz erschien am Dienstagvormittag mit zwei gereckten Daumen zur Anhörung vor dem ORF-Stiftungsrat - eine Geste demonstrativer Zuversicht. Und auch wenn sich der SPÖ-nahe Amtsinhaber am Ende eines fünfstündigen Sitzungsmarathons bei der Wahl zum Generaldirektor mit 18 zu 15 Stimmen gegen seinen maßgeblichen Herausforderer, den von der konservativen ÖVP favorisierten ORF-Finanzchef Richard Grasl, 43, durchsetzen konnte, war das Rennen wegen der knappen Mehrheitsverhältnisse bis zuletzt offen. Grasl sprach von einem "Fotofinish".

Wrabetz, 56, ist seit 2006 im Amt und nun der erste Generaldirektor, wie der Intendant in Österreich genannt wird, in der Geschichte der öffentlich-rechtlichen Sendergruppe, der dreimal in Folge zum obersten Chef der fast 4000 Mitarbeiter gewählt wurde - eine sehr einflussreiche und daher politisch umkämpfte Position. Die überwiegende Mehrheit des 35-köpfigen Stiftungsrats, des obersten ORF-Aufsichtsgremiums, lässt sich einer Partei, vorrangig SPÖ und ÖVP, zuordnen und wählte entsprechend. Während Wrabetz seine "große Freude" äußerte, sagte der Leiter des bürgerlichen Freundeskreises, Thomas Zach: "Heute wurde die große Chance auf Erneuerungen und Reformen verpasst." Die Verlängerung der Amtszeit Wrabetz' bedeute "more of the same".

Ausgerechnet zwei der nur drei "unabhängigen" Stiftungsräte enthielten sich bei der Wahl der Stimme. Es heißt, sie wollten damit ein Zeichen gegen den Druck setzen, der im Vorfeld von den beiden Lagern auf sie ausgeübt worden war.

Die ORF-Wahl ist in Österreich ein Medienereignis: Nach Wochen voller Vorgeplänkel berichteten viele Tageszeitungen in ihren Onlineausgaben mit Live-Tickern von der Sitzung des Stiftungsrats, inklusive Bildern vom Buffet für die Journalisten und vom gewitterwolkenverhangenen Himmel über dem ORF-Zentrum am Wiener Küniglberg. Im übertragenen Sinne blieb der große Knall aber aus. Nun beginnt das Postengeschacher. Die fünfjährige Amtsperiode des neuen, alten ORF-Generaldirektors beginnt am 1. Januar 2017.

© SZ vom 10.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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