Fundsache:Für eine Handvoll Euro

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Nina Grunenberg nahm den Theodor-Wolff-Preis für ihr Lebenswerk im Jahr 2009 entgegen. Jetzt hat ein Reporter die Plakette auf einem Hamburger Flohmarkt gefunden. (Foto: Tim Brakemeier/picture-alliance/ dpa)

Der Theodor-Wolff-Preis ist eine der höchsten Auszeichnungen der deutschen Medien. Jetzt fand ein Reporter die Plakette von Nina Grunenberg auf dem Flohmarkt.

Von Willi Winkler

Der Journalist arbeitet bekanntlich nicht für Geld, sondern für das Gute, Wahre und Schöne. Manchmal klärt er auch auf und hilft dem Menschen beim Ausgang aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit, aber jetzt mal ganz unter uns: Ganz egal ist ihm der irdische Ruhm auch nicht. Wenn der Journalist und die Journalistin Glück hat, fällt ihm für eine besonders lebensnahe Reportage der legendäre Kitsch-Preis zu, und wenn sie lange genug dabei ist, darf sie sich womöglich sogar über den begehrten Hosenbodenorden freuen, der ihr zu den Klängen eines berühmten Streichquartetts vom Bundespräsidenten persönlich überreicht wird.

Die Reporterin Nina Grunenberg erhielt den in der Branche besonders renommierten Theodor-Wolff-Preis gleich zwei Mal: 1972/73 für eine Reportage und 2009 ein weiteres Mal für ihr Lebenswerk. Seit 1961 hatte sie für Die Zeit geschrieben, wo sie ein besonderes Gespür für die mächtigen Männer ausbildete. Sie porträtierte Vorstandsvorsitzende und Gewerkschaftsbosse, Helmut Schmidt und - mit besonderem Interesse - Franz Josef Strauß. Darüber hinaus beschäftigten sie vor allem Themen aus dem Bildungsbereich und dem Wissenschaftsbetrieb. Von 1992 bis 1994 leitete Grunenberg das neu geschaffene Ressort Wissen, von 1987 bis 1995 war sie außerdem stellvertretende Chefredakteurin der Zeit. Von 2000 bis 2009 gehörte sie als allererste Journalistin dem Wissenschaftsrat an.

Nur wenigen Frauen gelang damals der Aufstieg in den deutschen Medien

In der Pressegeschichte gilt Nina Grunenberg als Pionierin. Sie war eine der wenigen Frauen, denen es in der Nachkriegsmännergesellschaft gelang, so weit aufzusteigen. Der Preis, mit dem sich der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger vor ihr verbeugte, galt auch für diese Lebensleistung.

Die Hamburger Morgenpost ist nicht ganz so vornehm wie die Zeit, sie mag auch kein eigenes Wissensressort haben, aber sie hält sich einen "Flohmarkt-Fuchs". Der investigative Reporter Thomas Hirschbiegel entdeckte auf dem Flohmarkt schon so manches schöne Stück. Er zeigt dabei ein breit gefächertes Interesse für Kuriosa aller Art, und dafür war ihm schon bisher ein bemerkenswertes Finderglück beschieden. Kein Fund war jedoch schöner, keiner trauriger als der, von dem Hirschbiegel am vergangenen Samstag berichtete. Nichts zu suchen und vielleicht doch was zu finden, danach stand ihm der Sinn, als er wieder einmal die "Flohschanze" an der Hamburger U-Bahn-Station Feldstraße ansteuerte, und so geriet er an einen ganz besonderen Preis: die Bronzeplakette "In Anerkennung des Lebenswerks" mit aufgeprägtem Namensgeber Wolff, nur leider eben nicht für den Schatzsucher, sondern für Nina Grunenberg, die 2017 hochangesehen mit 81 Jahren starb.

Zehn Euro kostete der Preis auf dem Flohmarkt, zehn Euro für ein Lebenswerk. Vielleicht sollten wir Journalisten doch mehr für Geld schreiben.

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