Die Insel der Glückseligen ist ein unscheinbares Haus im Kölner Eigelsteinviertel. Kaum jemand dürfte ahnen, dass hier Kinder- und Jugenderinnerungen hergestellt wurden und werden. Im ersten Stock sitzt Armin Maiwald hinter Dreifachverglasung an einem samten belegten Tisch, auf dem der Aschenbecher überquillt. Er blickt an einem Mikrofon vorbei auf eine Glasscheibe, hinter der die Regie hockt. Hier spricht er seine Beiträge ein, hier schlägt er jenen Ton an, der für Generationen untrennbar mit einfacher Aufklärung komplizierter Zusammenhänge verbunden ist.
Man kann Maiwalds Stimme getrost als Marke bezeichnen. Wer weiß, wie die Streifen in die Zahnpasta kommen und warum der Reißverschluss funktioniert, weiß das meist, weil Maiwald es in der Sendung mit der Maus erklärt hat. Sagt man ihm, dass seine Stimme eine Marke sei, zuckt er leicht zusammen, stimmt dann aber doch zu. "Das ist wohl so", sagt er und erklärt sich dann die Wirkung gleich selber in seiner sehr leicht zu verstehenden Art: "Die Kinder denken: Wenn der Blödmann mir was erzählt, wird es schon stimmen."
Der Mann für die Sachgeschichten
Zwei Schulen heißen wie Armin Maiwald, auf der Straße sprechen ihn Leute an und sagen: "Mit dir bin ich groß geworden." Manchmal auch: "Mit dir habe ich Deutsch gelernt." Möglicherweise hat dieser Mann mehr für die Volksbildung getan als Hunderte Schulen zusammen.
Maiwald reagiert zurückhaltend auf die Bemerkung, dass sich sein Wirken für die Sendung mit der Maus ins kollektive Gedächtnis der Fernsehnation eingebrannt hat: "Ich würde das nie behaupten." Behaupten würde er ohnehin nur sehr wenig. Und wenn er was behauptet, dann nur, was er auch belegen kann. Er spürt eine Verantwortung, und er weiß, wie man ihr gerecht wird. "Indem man sich Mühe gibt und genau recherchiert", sagt er.
Seit mehr als 45 Jahren fertigt er nun schon Filme für Kinder und Erwachsene. Schon 1968 war er beteiligt an den Lach- und Sachgeschichten vom WDR, aus denen sich von 1971 an Die Sendung mit der Maus entwickelte. Immer war Maiwald der Mann für die Sachgeschichten.
Am 23. Januar wird er 75 Jahre alt, und schon am 8. Januar ist seine Lebensgeschichte als Buch erschienen. Aufbau vor laufender Kamera skizziert auf 336 Seiten, wie aus dem Kriegskind Armin der Mann wurde, der Generationen von Kindern erklärte, wie die Dinge so funktionieren.
Einer, der nicht mit Wissen protzt
Kürzlich erst hat er verfolgt, wie auf dem Krankenhaus von Eschweiler ein Hubschrauberlandeplatz angelegt wurde. Das hat gedauert. Zwei Monate lang. "Das muss man nicht nur aushalten, das muss man wollen", sagt er. Klare Sache, dass er das will. Er interessiert sich für Dinge und saugt auf, was die Kinder ihn fragen. Dann schnappt er sich etwa einen Pflasterstein und erzählt die Geschichte dieses Steins so, dass sie Einblicke in historische Zusammenhänge ermöglicht.
Maiwald kann das, weil er sich einen einfachen Zugang zu den Dingen bewahrt hat. Seine Qualität ist das Zögerliche. Er protzt nicht mit seinem erarbeiteten Wissen, er zeigt vielmehr, wie viel Spaß es machen kann, etwas herauszufinden. Vielleicht ist er der größte Forscher in deutschen Landen, vielleicht hat er mehr über die bundesrepublikanische Wirklichkeit herausgefunden als alle anderen.
Maiwald ist ein akribischer Arbeiter, einer, der Wert auf Fakten legt, der sich genau erinnert. Im Buch ist nachzulesen, welche Gerätschaften er wann angeschafft hat, wann welches Studio entstand und welche Schwierigkeiten dabei zu bewältigen waren. Der Ton ist nüchtern, sachlich. Dick aufzutragen ist Maiwald fremd.
Aus seinen Berichten spricht einer, der als 1940 geborenes Kind viele Wirren erleiden musste. "Ich bin damit aufgewachsen, dass nichts sicher ist", sagt er. Das ist bis heute so geblieben. Maiwald blieb all die Jahre Freiberufler, obwohl es sicherlich möglich gewesen wäre, im sicheren Schoß der Anstalt WDR Unterschlupf zu finden.