Lieblingsserie: Weeds:Das Doppelleben der Nancy B.

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Eine dealende Mutter im Nobelviertel und harte Konkurrenz im Cannabis-Geschäft: Die US-Serie "Weeds" räumt mit Klischees auf.

Petra Schwegler

US-Serien laufen im deutschen Fernsehen meist zu unmöglichen Zeiten, werden lange nach dem Start in den USA gesendet - oder sind überhaupt nur auf DVD oder im Pay-TV zu sehen. Dabei sind wir süchtig. sueddeutsche.de-Redakteure bekennen in loser Folge ihre heimlichen Leidenschaften - und merken auch Kritisches an.

Doppelrolle als Dealerin und Mutter lim Luxusquartier: Nancy Botwin alias Mary-Louise Parker. (Foto: Lions Gate Televison/ZDF)

Eine Warnung gleich vorab: Weeds -Kleine Deals unter Nachbarn ist kein Format für Fans klassischer US-Serien. In der fiktiven amerikanischen Vorstadtsiedlung Agrestic werden Klischees, die jahrelanger Konsum von Friends, CSI oder auch Sex and the City im Kopf des Zuschauers verfestigt hat, nicht bedient. Klischees werden schlicht in der Pfeife geraucht.

Dealer sind Weiße, Marihuana wird auf den Höfen höherer Schulen an den Kiffer gebracht - und das Kiffen überhaupt erledigen Steuerberater und hoch bezahlte Manager. Das Ganze ist Satire und Drama, Weeds wird höchst britisch inszeniert.

Aber erst einmal zurück zur eigentlichen Geschichte: Was soll eine Hausfrau und Mutter zweier Kinder tun, wenn der Mann plötzlich stirbt und eine finanzielle Misere hinterlässt? Und das mitten in einem exklusiven und sterilen Vorort, wie er für US-Serien eigentlich typisch ist? Doch der Plot entspricht so gar nicht denen klassischer US-Serien. Diese Storyline würde bei Desperate Housewives zum geballten Treffen der befreundeten Nachbarinnen führen, samt Getuschel und Geheule.

Bei Weeds dagegen stellt Nancy Botwin alias Mary-Louise Parker einen flotten Cannabis-Handel auf die Beine. Die Enddreißigerin braucht schließlich schnell und reichlich Geld. Sie will ihren heranwachsenden Söhnen Shane (Alexander Gould) und Silas (Hunter Parrish) weiter das elegante Zuhause im exklusiven Vorort von Los Angeles bieten.

Damit beginnt das Doppelleben der Nancy B.: Auf der einen Seite die Elternbeiratsvorsitzende mit der noblen Freundin Celia (Elizabeth Perkins). Auf der anderen Seite die verzweifelte Neu-Dealerin, die mit der resoluten afro-amerikanischen Gras-Koryphäe Heylia (Toney Patano) um die Grammpreise für Hasch feilscht. Eine Konstellation, die Parker glaubhaft in den Griff bekommt und dafür völlig zu Recht einen Golden Globe vorweisen kann.

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Die Probleme der Restfamilie Botwin sind zahlreich: Wohin soll Nancy mit dem vielen Bargeld? Wie hält sie sich die neugierigen Nachbarn vom Leib? Und wie geht Mutter Botwin mit der oft nicht zimperlichen Konkurrenz im Cannabis-Geschäft um? Außerdem soll die zierliche Frau ja auch noch ihre sprießenden Söhne und den wenig angepassten sowie kiffenden Schwager Andy (Justin Kirk) in den Griff bekommen. Kann das Gras dabei helfen?

Dennoch: Weeds verherrlicht bei all dem wuchernden Gras die Drogen nicht. Cannabis ist bei Weeds vielmehr Spiegel einer verkorksten US-Oberklasse, die Probleme mit Pillen, Diät, Abführmittel - und Gras - verdrängt. Der weiße Wohlstand wirkt schnell verlogen, die schwarze Drogenküche dagegen grundehrlich und anrührend.

Viel Stoff für viel Serie also. Bisher hat der produzierende US-Pay-TV-Sender Showtime 63 Episoden in fünf Staffeln abgedreht. Bei ProSieben ist Weeds nicht weit gekommen; nach ersten Quotenschwächen ist das Format schnell auf einen sehr späten Sendeplatz und danach ganz aus dem Programm verbannt worden. Der digitale ZDF-Ableger ZDFneo gibt der Serie derzeit dienstags gegen 22.30 Uhr eine neue Chance - und damit all den Rissen in der Fassade einer US-Vorzeigegemeinde. Dort wuchert "Unkraut", wie W eeds auf Deutsch heißt.

Das Beste sind übrigens die Dialoge - bissig, knackig, unamerikanisch und gerne unter der Gürtellinie. Nichts für Fans der gehobenen Sprache. Wer Six Feet Under liebt und britische Komödien schätzt, hat mit Weeds sicher viel Spaß. Motto: Das Gras des Nachbarn ist eben immer grüner!

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