Kulturförderung:Untergewichtig, aber überbegabt

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Olaf Schubert produziert sich für den MDR in der Dresdner Semperoper. Der sächsische Kabarettist soll das hohe Haus für die angeblich kleinen Leute öffnen - der Ansatz ist zu begrüßen, die Umsetzung überzeugt leider nicht.

Von Cornelius Pollmer

Als der Kabarettist Olaf Schubert vor einer Weile bei Circus Halligalli zu Gast war, da erwies sich die zugehörige Bauchbinde wie so oft als wahrheitswidrig, aber vertretbar lustig: "Das Gesicht ist seine größte Pointe." Wahrheitswidrig ist wiederum diese Pointe deswegen, weil die größte Leistung Schuberts darin besteht, mit einem so schwierigen Trägermedium wie seiner sächsischen Herkunft eine nationale Karriere erreicht zu haben. Schubert wirbt inzwischen auf Plakatwänden für Mineralwasser ("Germany's next top bottle"), im Onlineshop gibt es den Duft-Olaf für den Auto-Innenspiegel ("Sächsisch Moos"), und im Fernsehen darf er prominente Flächen bespielen.

Größter Fan Schuberts ist inzwischen der Mitteldeutsche Rundfunk, der mit ihm eine eigene Sendung produziert und nun einen außergewöhnlichen Versuch unternommen hat. Eineinhalb Stunden lang darf Schubert Unfug auf der Bühne der Dresdner Semperoper treiben, anmoderiert von Urpartner Bert Stephan als "Mittler zwischen Dur und Moll". Das ist dann auch schon der Plan: Schubert soll das hohe Haus für die angeblich kleinen Leute öffnen. Dieser Ansatz ist gerade in Sachsen zu begrüßen, wo Kulturförderung noch überhitzter diskutiert wird als anderswo. Und grundsätzlich wäre Schubert so eine Vermittlungsleistung zuzutrauen, er trägt die lebensnahe Drastik des Sächsischen genauso in sich wie gleich mehrere feine Sinne. Doch glückt die Verbindung nur selten, etwa als Schubert an der Seite der Primadonna Ingeborg Schöpf aus dem Nichts von E zu U wechselt - es kommt zum Vortrag von "Dich zu lieben", Roland Kaiser. Vertretbar lustig auch die Idee, Buchstaben-Kombinationen aus dem MfG-Abkürzungswortschatz in Drei- und Mehrklänge zu übersetzen: CSD, AfD, ADHS.

Als zunehmend problematisch erweist sich Schuberts Grundrepertoire, das er - vermutlich auch wegen der hohen Arbeitsbelastung - in den vergangenen Jahren praktisch kaum aktualisiert hat. Noch immer trägt er staubige Sätze mit sich herum wie folgenden: "Wer den Mohren ins Land holt, hat für ausreichend Sonne zu sorgen." Vor Jahren hat Schubert diesen Satz vom Kollegen Klaus Weichelt übernommen, schon damals: kein Bestandsgold. Auch seine Gaga-Routinen haben über die Jahre an Farbkraft verloren. Er sei ein Ausnahmetalent, sagt Schubert, nämlich untergewichtig, aber überbegabt. Er trägt uralte Lieder leicht adaptiert auf die Opernbühne, das wirkt wie ein exhumiertes MTV Unplugged. Und Schubert verhält sich selbst zu seinen beiden Büchsenspannern Jochen Barkas und Bert Stephan oft zu einstudiert: "Wir haben begonnen, als Freunde Musik zu machen - mittlerweile sind wir Kollegen." In Summe: eine leider untergewichtige Sendung des Ausnahmetalents Schubert.

Olaf Schubert und die ziemlich große Oper , MDR, Sonntag, 22 Uhr.

© SZ vom 16.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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