Es war der 10. August, als Samer Allawi in einer israelischen Gefängniszelle verschwand. Der Bürochef des arabischen Fernsehsenders al-Dschasira in Kabul war drei Wochen lang auf Heimaturlaub bei seiner Familie im palästinensischen Westjordanland gewesen, bei der Ausreise an der jordanischen Grenze griffen die Israelis zu.
Der schwerwiegende Vorwurf: Der Journalist Allawi sei ein Hamas-Agent. Jetzt wurde er deswegen von einem Militärgericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, nach israelischen Angaben aber im Gegenzug für ein Geständnis auf freien Fuß gesetzt. Doch eine neue Runde im Kampf zwischen Israel und al-Dschasira hat damit erst begonnen.
Lange schon wirft die israelische Regierung dem Sender aus Katar vor, feindliche Propaganda zu verbreiten. 2008 waren al-Dschasira-Reporter vorübergehend mit einem Boykott belegt worden. Nun nutzt die Jerusalemer Führung den Fall Allawi zu einem neuen Frontalangriff. In einer Erklärung aus dem Büro von Premierminister Benjamin Netanjahu heißt es, die Ermittlungen hätten bewiesen, dass "al-Dschasira von der Hamas benutzt wird, um mit Hilfe der Journalisten ihre Ziele voranzutreiben".
Beigefügt ist eine lange Liste der Kontakte, die Allawi zu radikalen Kräften gepflegt haben soll - vom Kampf mit afghanischen Mudschahedin und einem militärischen Trainingskurs in Pakistan 1992 bis zu Treffen mit höchsten Hamas-Funktionären in Damaskus. Seinem Geständnis zufolge soll er 1993 von der Hamas angeworben worden sein, 2006 habe er mit anderen Korrespondenten eine Absprache getroffen, "die Arbeit bei al-Dschasira zu nutzen, um die Hamas zu stärken".
Auf der Internetseite von al-Dschasira allerdings bestreitet der freigelassene Allawi alle Vorwürfe und wirft Israel vor, ihn zu benutzen, um seinen Sender zu erpressen. Es habe "keine Beweise" gegen ihn gegeben, erklärt er und fügte an, lediglich rein berufliche Kontakte zur Hamas und anderen Gruppierungen zu unterhalten: "Ich treffe Leute überall, um von ihnen Neuigkeiten zu erfahren."
Für drei Jahre ist seine Strafe in Israel nun zur Bewährung ausgesetzt. Die Rückkehr nach Kabul steht im offen. Gefährlich ist das allerdings auch. Vor zwei Jahren war er dort kurzzeitig in Geiselhaft der Taliban geraten.