Joan Collins wird 80:Stell' den Champagner kalt, Darling

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Joan Collins im Jahr 1984 - nun wird sie 80. (Foto: Getty Images)

Joan Collins hatte schon eine kurvenreiche Karriere beim Theater und als Film-Nymphomanin hinter sich, als sie im "Denver Clan" die Rolle ihres Lebens fand. Sie selbst betont bis heute, dass sie ganz anders sei. Jetzt wird sie achtzig, vielleicht.

Von Marten Rolff

Achtzig Jahre - man darf vermuten, dass Joan Collins mit dieser Zahl so umgehen wird, wie sie es mit Altersfragen immer gehalten hat: einfach darüber hinwegsetzen. "Geburtstag", sagt sie gern, "feiere ich nie". Warum auch? Keine andere Schauspielerin hat ihr Alter konsequenter selbst definiert: In der von ihr produzierten CBS-Serie Sünden spielte Collins zum Beispiel mit 53 Jahren eine Mode-Journalistin in ihren 20ern. Drei Jahre zuvor hatte sie sich - in Zeiten, als das noch ein Aufreger war - für den Playboy ausgezogen. Mit 60 brachte sie ihr einziges Workout-Video heraus. Und die Gesichtscreme, die sie vermarktete, gab nicht das in der Branche übliche Versprechen ab, zehn Jahre jünger zu machen, sondern 15. Nun ja.

Doch wer sich mit der ungewöhnlichen Karriere der Britin Joan Henrietta Collins beschäftigt, der kommt, das ist eine Tatsache, am Thema Alter nirgends vorbei. Weil sie mit dem Tabu so ostentativ umging, dass es zur Waffe wurde. Was ja nur richtig ist, vor allem, wenn sich alles seltsam nach hinten verschiebt. Wenn man, nach einer langen wie lauen Kinolaufbahn, auf der Leinwand für das Fernsehen entdeckt und gleich zum größten Serienstar der Welt hochkatapultiert wird. In einem Alter, in dem andere Schauspielerinnen bis heute klagen, dass Hollywood nicht mal mehr Nebenrollen für sie bereithält. Auch Joan Collins hat das einmal scharf kritisiert. Allerdings nur, um in die Offensive zu gehen.

Sie war Mitte 40, als sie 1978 die Hauptrolle in den beiden Softporno-Produktionen The Stud und The Bitch übernahm, die auf Romanen ihrer Schwester Jackie basierten. Collins spielte die nymphoman veranlagte Fontaine Khaled, die das Geld ihres langweiligen Ehemannes in einen Nobelclub investiert, beim Strippen gern die Zähne einsetzt, Orgien mit Toyboys feiert und am Ende noch Ärger mit der Mafia bekommt. Ein wenig Belle de Jour, ein wenig Sylvia Kristel, ein wenig Discofieber. Das Konzept ging auf: Die Kritik lachte sich tot, die Filme landeten vielerorts auf dem Index und - die Kinokasse brummte. The Bitch spielte mehr als das 30fache seiner Kosten ein und erweckte bald das Interesse des Produzenten Aaron Spelling, der in Fontaine Khaled seine Alexis Carrington Colby entdeckt haben soll. Er engagierte Joan Collins für den Denver Clan ( Dynasty), und binnen kurzem zog die anfangs so sieche US-Serie um Öl, Millionen und Intrigen am Quotenhit Dallas vorbei.

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Der Rest ist bekannt: Alexis, eine Frau, die sich nimmt, was sie will. Ewiger Vamp. Mutter aller Biester. Das waren die Etiketten. Hüte groß wie Wagenräder. Eine Rachegöttin, die in Nerz und Schulterpolstern rüberkam wie eine verführerische Planierraupe. Die im Nebensatz das Imperium ihres Ex' ins Wanken brachte, und deren Blick auf erwachsene Männer zu wirken schien, als habe man ihnen ein Hundehalsband angelegt. Die rauschhafte Erfolgsgeilheit eines ganzen Jahrzehnts, verdichtet in einer einzigen Serienfigur, deren Darstellerin bald unglaubliche 200 000 Dollar pro Folge kassierte.

Kein Wunder, dass die ersten 50 Lebensjahre der Joan Collins dahinter fast in Vergessenheit gerieten. Dass sie nicht Amerikanerin ist etwa, sondern in London geboren. Mit neun stand sie zum ersten Mal auf der Bühne. Ibsen. Die Mutter war Ballettlehrerin, der Vater Schauspielagent. Collins genoss eine hervorragende Ausbildung an der Royal Academy. Und die 20th Century Fox versuchte lange, sie als Gegenstar zu Elizabeth Taylor zu positionieren, die bei MGM unter Vertrag stand. Doch all das verschmolz nun in einer einzigen Figur. Joan wurde Alexis. Alexis war Joan. Von 50 Schauspielerinnen wären 49 an dieser Rolle gescheitert, hat Aaron Spelling einmal gesagt. "Sie spielte Joan Collins."

Collins selbst betont bis heute in Interviews, dass sie ganz anders sei. Die Außenwirkung ist eine andere. Als der schwedische Sänger Peter Holm, ihr vierter Ehemann, in einem schmutzigen Scheidungskrieg Unterhalt wollte, drehte sie ihm den Geldhahn zu, später heiratete sie den 33 Jahre jüngeren Percy Gibson. Und als der Verlag Random House 1,2 Millionen Dollar Vorschuss zurückverlangte, weil ein bestelltes Romanmanuskript mangelhaft sei, argumentierte Collins vor Gericht, der Vertrag verlange ein "vollständiges" Manuskript, kein "akzeptables" - und kassierte eine weitere Million. 50 Millionen Bücher hat sie bisher verkauft, gerade ist ihre Autobiografie erschienen, es ist ihre vierte.

Manche mögen finden, rein künstlerisch betrachtet sei diese Karriere etwas zu sehr ins Schwül-Triviale abgerutscht. Eine andere Wahrheit ist: Auch wenn Joan Henrietta Collins an diesem Donnerstag ihren 80. Geburtstag nicht feiert, ist sie wohl die einzige 80-Jährige der Welt, die vor einer Kamera glaubhaft Sätze sprechen könnte wie diesen: "Lass schon mal das Wasser in den Whirlpool und stell' den Champagner kalt, Darling." Mehr kann man selbst in Hollywood nicht erreichen.

© SZ vom 23.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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