Europa soll vergessen, der Rest der Welt nicht: Google hat angekündigt, das sogenannte "Recht auf Vergessen", das der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2014 festgeschrieben hat, nicht weltweit durchsetzen zu wollen. Das Gericht hatte damals entschieden, dass Google Links zu personenbezogenen Daten unter bestimmten Voraussetzungen aus seinen Suchlisten tilgen muss. Seitdem sind bei dem Konzern mehr als eine Viertelmillion Löschanträge eingegangen.
Google hatte das EuGH-Urteil allerdings von Anfang an nicht gepasst, weil es der Grundidee, alle Inhalte im Netz auffindbar zu machen, widerspricht. Gefügt hatte man sich trotzdem, aber nur in gewissen Grenzen: den europäischen nämlich. Google entfernt sensible Treffer zwar aus den hiesigen Versionen der Suchmaschine. In den anderen Google-Verzeichnissen bleiben alle Treffer abrufbar, inklusive jener, die in Europa gelöscht wurden.
Die französische Datenschutzaufsicht CNIL hatte dieses Vorgehen moniert. Der Konzern solle sensible Treffer nicht nur in Europa, sondern weltweit auslisten. Das hat der Konzern jetzt abgelehnt. In einem Blogeintrag erklärt Peter Fleischer, Googles oberster Datenschützer, das Recht auf Vergessen sei zwar in Europa, nicht aber weltweit Gesetz. Würde man der Forderung nachkommen, so Fleischer, begönne eine Abwärtsspirale: "Am Ende wäre das Internet nur noch so frei wie der am wenigsten freie Ort der Erde."
Wie weit reicht der Einfluss des EuGH in dieser Sache? Das ist auch für Juristen eine schwierige Frage. Thomas Stadler, Fachanwalt für IT-Recht, verweist darauf, dass die Entscheidungen des EuGH einerseits nur innerhalb der EU Wirkung entfalten. Andererseits müssten die Bürgerrechte auch effektiv durchgesetzt werden. "Möglich, dass die Geschichte auf diesem Umweg noch einmal beim EuGH landet", sagt Stadler. Die CNIL jedenfalls will Sanktionen prüfen.
Die Auswirkungen in der Praxis werden wohl so oder so gering bleiben. Um gelöschte Ergebnisse von Europa aus doch einzusehen, reicht es nämlich nicht, einfach "google.com" oder eine andere nicht-europäische Version der Seite aufzurufen - dann würde man automatisch auf die eigene Länderseite weitergeleitet. Und die Mühe, diese Umleitung zu umgehen, werden sich wohl nur die Wenigsten machen.