In diesen Tagen zeigt das ZDF wieder Imagetrailer in eigener Sache. Beworben wird der sogenannte Montagsfilm, das ist der Sendeplatz für deutsche Fernsehfilme, also Eigenproduktionen, die der Sender ganz oder in Kooperation herstellen lässt. Die Schauspieler Armin Rohde, Silke Bodenbender oder Katharina Wackernagel machen mit großen Gesichtern PR für das Zweite - auch Anja Kling.
Sie alle sind regelmäßig in der öffentlich-rechtlichen Fiktion besetzt. Kling allerdings gerade auch noch bei Sat 1, weshalb der kommerzielle Kanal ebenfalls mit ihr hausieren geht.
An diesem Dienstag soll das Interesse für eine mögliche neue Sat-1-Reihe getestet werden, in der Kling eine Hauptrolle hat. Sender sind verstärkt bemüht, bestimmte Darsteller, Moderatoren oder Experten dauerhaft zu engagieren. Mit ihnen soll die Bindung zum Publikum gestärkt werden.
Bei Sat 1 heißen die Fernsehfilme TV-Movies, die Dachmarke ist der "Filmfilm", und seit Joachim Kosack - der inzwischen zum Geschäftsführer aufstieg - die Sat-1-Eigenproduktionen steuert, sind dienstags nicht nur Frau-sucht-panisch-Mann- (oder umgekehrt) und Supermom-schafft-alles-Komödien zu sehen. Sogar das Thema Atomunfall schaffte es vergangenes Jahr ins Abendprogramm, wenn auch in keiner ganz gelungenen Filmversion.
Nun werden Hannah Mangold & Lucy Palm ausprobiert, und das, was gespielt wird, ist mehr und besser "Krimi Light" als alles, was die ARD in den vergangenen Monaten am Vorabend dazu angeboten hat. Hannah Mangold und Lucy Palm sind Polizistinnen in Berlin. Sie sind, natürlich, sehr verschieden, und sie sind bestimmt nicht freiwillig ein Team. Aber sie lassen sich zunehmend aufeinander ein, beschützen sich, ohne dass das zunächst auffiele, und gewinnen den Respekt der anderen.
Im 90-minütigen Pilotfilm wird vor allem die Geschichte Hannah Mangolds erzählt. Sie war die beste Ermittlerin ihrer Einheit, ehrgeizig, den Männern in ihrem Revier meistens einen Gedanken voraus - bis zu dem Tag, an dem einer der Gewaltverbrecher, die sie zur Strecke gebracht hat, in ihre Wohnung eindringt und sich rächt. Mangold wird schwer verletzt, sie hat Angstzustände, verbringt neun Monate in der Psychiatrie.
Als sie ins Kommissariat zurückkehrt, nennt man sie "die Irre", auch sie nennt sich so, allerdings nur, weil sie eine neue Gabe hat: Das Trauma des Überfalls hat ihren Instinkt für das Böse geschärft. Sie halluziniert die Täter, spricht mit den Opfern, was in einem Geschäft, in dem Logik und Analyse zählen, nicht sofort Begeisterung auslöst.
Aus der Konstellation des labilen Cops, der auf die Menschheit losgelassen wird, ist ein netter Unterhaltungsfilm geworden. Anja Kling, 41, findet in der Auseinandersetzung Hannah Mangolds mit ihrer verletzten Seele zuweilen eine leise Form des schwarzen Humors. Regisseur Florian Schwarz hält die Balance in dem Mix aus Mentalist , CSI-Profilertum und Sat-1-Look. Es stellt sich so ein Gefühl ein: Ach ja, ernstes Thema eigentlich, aber die nehmen es leicht. Why not.
Sehen sollte man Hannah Mangold auch wegen Lucy Palm, also der Schauspielerin Britta Hammelstein. Wenn es etwas zu entdecken gibt in dem sehr passend zusammengestellten Ensemble, dann ist sie es.
Britta Hammelstein, 30, ist seit Herbst 2011 am Münchner Residenztheater. Sie hatte Filmrollen im Baader Meinhof Komplex, zuletzt im Tatort. Sie ist als Lucy Palm ein weiblicher Macho, sie säuft, ist spruchsicher, hat Sex mit Männern und, wenn es sich denn ergibt, auch mit Frauen.
Ihr Selbstbewusstsein macht sie störrisch, sensibel bleibt sie trotzdem. Sie kommt direkt aus den Bars, in denen Musik von The XX läuft, irgendwie aus der Mitte Berlins. Auch wenn mancher glaubt, dort gebe es am Ende nichts, was das Versprechen einlöst, das Berlin ständig ausspricht - eine Frau wie Lucy Palm ist der Beweis des Gegenteils. Sie ist ein Erlebnis. Sie ist mehr als ein Imagetrailer, die Quote müsste das eigentlich bezeugen.
Hannah Mangold & Lucy Palm, Sat 1, 20.15 Uhr.