Gegen die alarmistische Stimmung:Der Sympathisant

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Förster, Waldliebhaber und Autor Peter Wohlleben gibt nun auch ein Magazin heraus, mit dem Titel: "Wohllebens Welt".

Von Thomas Hahn

Peter Wohlleben hatte früher keine Lust zu schreiben. Das sagt er selbst, und das darf man ihm glauben, denn zwischen seinen Anfängen als Förster im Gemeindewald von Hümmel, Rheinland-Pfalz, 1991 und seinem ersten Buch liegen 16 Jahre. Er war zu Beginn sehr damit beschäftigt, die ökologische Waldwirtschaft voranzutreiben. Ihm reichte das Publikum, das er mit seinen Waldführungen erreichte. Aber seine Frau lag ihm in den Ohren. Seine Art, forstwissenschaftliche Erkenntnisse in Erzählungen zu übersetzen, gehöre aufgeschrieben. Und als eine Bekannte anbot, Aufnahmen von einer Führung zum ersten Wohlleben-Buch zu verarbeiten, sagte er: "Mein Name steht drauf, und jemand anders hat das geschrieben - das geht nicht". Viele Bücher hat Peter Wohlleben, 55, seither veröffentlicht, darunter den Bestseller "Das geheime Leben der Bäume". Und jetzt ist der frühere Schreib-Verächter sogar Chefreporter seiner eigenen Zeitschrift beim Verlag Gruner+Jahr.

Das Naturmagazin Wohllebens Welt ist seit diesem Donnerstag im Handel. Es kostet sechs Euro, erscheint in einer Druckauflage von 110000 Exemplaren und bedient offenbar einen Trend. Das Bewusstsein für den menschengemachten Klimawandel wächst mit jedem Wetterextrem. Jugendliche demonstrieren in den Fridays-for-Future-Protesten für mehr Achtsamkeit. Die 16-jährige Umweltaktivistin Greta Thunberg aus Schweden ist zur weltweit anerkannten Moralinstanz aufgestiegen. Und Peter Wohlleben selbst ist mittlerweile auch ziemlich angesagt als Waldversteher mit eigener Fernsehshow beim Südwestrundfunk.

Aber Wohlleben sagt: "Ich möchte diese alarmistischen Töne rausbringen." Sein Umweltlobbyismus läuft etwas anders als der wütender Aktivisten. Nicht strenge Forderungen stehen bei ihm im Vordergrund, sondern der Blick auf die Schönheit der Welt. "Ich möchte die Leute positiv empathisch für die Natur stimmen", sagt er, "mit Dingen, an denen Leute Freude haben, gehen sie auch anders um." Deshalb macht er seit den Neunzigern seine Waldführungen. Deshalb hat er seine Waldakademie gegründet, in denen er Bürgerinnen und Bürgern zeigt, wie sie ihren Wald pflegen können. Deshalb geht er in seiner SWR-Show mit Prominenten unter Bäume. Deshalb hat er sich von G+J für das neue Magazin gewinnen lassen.

Wohllebens Welt wirkt wie ein Streifzug durchs Grüne, bei dem Wohlleben, mal als Autor, mal mit eingeblockten Kommentaren, die Führung übernimmt. Die bekannten Nachdenklichkeiten über die Naturverschwendung des Menschen kommen vor. Aber vor allem zeigt Wohllebens Welt, was nicht allgemein bekannt ist. Wie Insekten die Farben der Blüten wahrnehmen. Wie vielfältig die Welt der Moose ist. Wie aus einer kleinen Eichel ein 200 Tonnen schwerer Baum wird. Grafiken und Bilder geben überraschende Einblicke. Die klaren Texte verbinden aktuelle Forschung und Naturbeschreibung.

Es steht Wohlleben drauf auf dem Heft, und es ist Wohlleben drin. Das Magazin betreibt Waldwerbung. Das wirkt manchmal etwas einseitig mit dem ständigen Hinweis darauf, wie entspannend es unter Bäumen ist. Aber die Lektüre erfüllt ihren Zweck. Man bekommt Lust, rauszugehen aus der lauten Stadt.

© SZ vom 20.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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