Film:Überschminkt

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Ursel Hradschek (Julia Koschitz) sitzt vor ihrem Schminktisch, während ihrem Mann Abel (Fritz Karl) nach Feiern zumute ist. (Foto: Hannes Hubach/dpa)

Der Versuch einem düsteren Stoff jede Menge Jetzt einzuimpfen: Eine missglückte Adaption von Fontanes "Unterm Birnbaum".

Von Hans Hoff

Am 30. Dezember jährt sich zum 200. Mal der Tag, an dem der Schriftsteller Theodor Fontane geboren wurde. Da passt es, dass just zu diesem Datum eines seiner Werke neu verfilmt das Licht der breiten ZDF-Öffentlichkeit erblickt. Allerdings hat sich da Arte ein bisschen vorgepfuscht und liefert den Film schon drei Tage vorher aus. Gedenktag hin, Gedenktag her.

Es ist nur eine Lässlichkeit, an der man nicht herummosern müsste, fügte sie sich nicht in eine Reihe anderer Ungenauigkeiten, die aus dieser hochkarätig besetzten Literaturverfilmung eine sehr traurige Angelegenheit machen.

Wie bei Fontane auch betreiben die Eheleute Abel und Ursel Hradschek ein Gasthaus im Oderbruch. Die Beziehung der beiden weist deutliche Risse auf, die Geschäfte laufen eher schlecht als recht, und das Glücksspiel tut das Seine, um die Lage weiter zu verdüstern. Der Besuch eines auf prompte Zahlung drängenden Gläubigers steht an, doch die Kasse ist leer. Da findet Abel unterm Birnbaum das Skelett eines vor langer Zeit schon ums Leben gekommenen Soldaten. Prompt reift in ihm ein Plan, wie sich das Problem mit den Schulden zuungunsten des Gläubigers lösen ließe.

Regisseur Uli Edel und die Drehbuchautorin Léonie-Claire Breinersdorfer haben versucht, dem düsteren Stoff jede Menge Jetzt einzuimpfen. Da wird nicht mehr Lotto gespielt, da wird gepokert, und die wegen ihrer demonstrativ vor sich hergetragenen Eleganz im Dorf als Fremdkörper empfundene Ursel hat Abel aus der Tablettensucht in Berlin herausgeholt. Von gestern geblieben sind das mit ausschließlich düsteren Räumen ausgestattete Gasthaus und die neiderfüllte Nachbarin.

Julia Koschitz spielt die Ursel, Fritz Karl den Abel. Die Böse aus dem Nachbarhaus gibt Katharina Thalbach, und als gleichfalls von Missgunst getriebener Dorfpolizist fährt Devid Striesow viel auf und ab.

Leider färbt der Glanz der großen Namen in keiner Weise auf das Stück ab, das hier als Möchtegern-Psychothriller scheitert, weil alles auf Überdeutlichkeit gepolt ist. Alle spielen so, als stünden sie auf einer Guckkastenbühne und müssten auch noch den letzten Zuschauer ganz hinten erreichen.

In der Nacht, in der das Böse geschieht, gewittert es natürlich, und die Blitze beleuchten immer wieder die Gesichter der Verirrten. Das führt bei Ursel zu Wahnvorstellungen und beim Zuschauer zur Verärgerung, weil er hier ganz offensichtlich mit billigster Geisterbahndramatik abgefertigt werden soll.

Dazu kommen gravierende Fehler bei den einzelnen Figuren. Julia Koschitz wird derart überschminkt vor die Kamera geschickt, dass ihr Gesicht fast schon als Fratze daherkommt, und Katharina Thalbach könnte so, wie sie die neidische Nachbarin geben muss, jederzeit auch als Hexe bei Hänsel und Gretel anfangen. Natürlich muss sie am Ende noch den Schlusssatz aus dem Original vortragen. "Es ist nichts so fein gesponnen, 's kommt doch alles an die Sonnen", krächzt sie mehr als dass sie es sagt, und spätestens da ist klar, dass es für diese halbgare Adaption ins Moderne vom Kritiker Fontane wohl kein Like gegeben hätte.

Unterm Birnbaum , 27.Dezember Arte / 30.12. ZDF. Jeweils 20.15 Uhr

© SZ vom 23.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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