Spielfilmtipps zum Wochenende:Der Sommer ihres Lebens

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Gefeiert von seinen Anhängern, gehasst von jenen, die mit seiner Homosexualität nicht klarkommen: der Lokalpolitiker Harvey Milk (Sean Penn, Mitte). (Foto: WDR/Constantin Film Verleih)

"Milk", "Donnie Brasco", "Tschick" und "Stoker": die Fernsehtipps zum Wochenende.

Von Stefan Fischer

Milk

Drama, One, Samstag, 21.40 Uhr

Gewalt in Amtsgebäuden gibt es in den USA nicht erst seit dem Sturm auf das Kapitol. 1978 wurde im Rathaus von San Francisco der demokratische Stadtrat Harvey Milk erschossen. Milk hatte offenbar damit gerechnet, denn er hat ein Jahr vor seinem Tod ein Tonband aufgenommen mit seinem weltanschaulichen Vermächtnis. Dass er zur Zielscheibe für jemanden werden könne, der "innerlich verunsichert, ängstlich oder verwirrt" ist, lag tatsächlich auf der Hand. Denn Milk war ein Aktivist der Schwulenbewegung. Gus Van Sant hat Milks Leben verfilmt, mit einem famosen Sean Penn in der Titelrolle. Es ist auch die Geschichte einer persönlichen Emanzipation - ursprünglich hatte Milk sich angepasst, seine Homosexualität versteckt. Wissend, dass er auch in einer so liberalen Stadt wie San Francisco nicht sicher ist.

Donnie Brasco

Mafiafilm, Arte, Sonntag, 20.15 Uhr

Sein Job zerreißt Joe Pistone: Er arbeitet für das FBI, eher in den unteren Rängen der Hierarchie, und wird auf ein Himmelfahrtskommando geschickt. Pistone soll als Donnie Brasco eine New Yorker Mafiafamilie infiltrieren. Dafür muss er sich die Brutalität dieser Männer aneignen, was wider seine Natur ist, wenn man ihn mit seiner Frau und den Kindern sieht. Der Regisseur Mike Newell befasst sich nicht mit den Bossen, Brasco knüpft natürlich erst einmal nur Kontakte zu den unteren Chargen, den kleinen Lichtern. Vor allem Lefty Ruggiero wird sein Mann, der nicht vorangekommen ist in der Verbrecher-Hierarchie und darüber melancholisch und verletzlich geworden ist. Die beiden Männer, gespielt von Johnny Depp und Al Pacino, entwickeln eine Freundschaft zueinander, eine Vater-Sohn-Beziehung. Irgendeinen Verrat wird Brasco also begehen müssen.

Tschick

Roadmovie, Das Erste, Sonntag, 23.35 Uhr

Fatih Akin hat Mut bewiesen, als er 2016 Wolfgang Herrndorfs Besteller verfilmt hat - und Größe. Weil er nicht beweisen wollte, dass er dieses Roadmovie im Kino noch viel cooler und abgezockter erzählen kann als Herrndorf in seinem Roman. Sondern weil er dem Sound, dem Rhythmus, der Lakonie vertraut, die Herrndorf etabliert hat - und sehr souverän übersetzt in Filmbilder und -dialoge. Entscheidend ist der Cast der beiden Hauptfiguren Maik Klingenberg und Andrej Tschichatschow, ein sehr ungleiches Teenagerduo, das sich in einem geklauten Lada von Berlin in den Südosten Europas aufmacht. Es wird - klar - der Sommer ihres Lebens, ohne dass Akin den beiden das große Glück gönnen würde. Tristan Göbel und Anand Batbileg spielen die Jungs so kompromisslos, dass man Maik und Tschick glaubt. In jeder Sekunde.

Stoker

Thriller, Sat 1, Nacht zu Sonntag, 1.20 Uhr

Es ist der erste Film, den der koreanische Regisseur Park Chan-wook im Westen gedreht hat, in den USA, mit den Schauspielerinnen Mia Wasikowska und Nicole Kidman. Atmosphärisch ist Stoker jedoch in Großbritannien angesiedelt, in einer viktorianischen Märchenwelt, die sich hier von ihrer dunklen, mystischen, gruseligen Seite zeigt. Wasikowska spielt eine 18-Jährige, die soeben ihren Vater verloren hat. Eine in sich verschlossene junge Frau, die mit ihrer extrem neurotischen Mutter - gespielt von Kidman - nur über die Mimik kommuniziert: Beide Frauen drücken alles, was sie mitteilen wollen, über die Augen und die Gesichtsmuskeln aus. Eine tolle schauspielerische Leistung beider. Im Verlauf des Films dringt die Tochter immer weiter vor in eine verdrängte Vergangenheit und verlässt zugleich den Boden der realen Gegenwart.

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