TV-Tipps zum Wochenende:Die hässliche Macht des Zufalls

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Wie das Begräbnis ihres Mannes John F. Kennedy inszeniert wird, ist für dessen Witwe Jackie (Natalie Portman) eine Frage der Selbstbehauptung. (Foto: Stephanie Branchu/Arte France)

In den aufregendsten Filmen des Fernseh-Wochenendes ziehen kleine Entscheidungen große Verhängnisse nach sich.

Von Harald Hordych

Jackie - die First Lady

Liebesdrama, Arte, Sonntag, 20.15 Uhr

Die schillerndste Präsidentengattin war Jacqueline Kennedy schon. Nach der Ermordung des charismatischen Präsidenten am 22. November 1963 in Dallas wurde sie zur tragischsten - diese dramatisch-romantische Perspektive macht sich Regisseur Pablo Larraín auf kluge Weise nicht zu eigen: Er konzentriert sich eine Woche nach dem Attentat auf wenige Tage. Die Witwe muss sich - gänzlich unsentimental und sachlich inszeniert - in der Auseinandersetzung durchsetzen, ob eine groß inszenierte, öffentliche Begräbnisfeier mit Jackie hinter dem Sarg ihres Mann opportun ist. Dabei geht es um Selbstbehauptung und die Frage, wie sie selbst ihre Rolle bei der Bewahrung von John F. Kennedys Vermächtnis sieht. Der Lohn waren Preise für das Drehbuch und eine Oscarnominierung für Natalie Portman als beste Hauptdarstellerin.

Babel

Episodendrama, Servus TV, Samstag, 23.10 Uhr

Episodenfilm - das klingt zweifelsohne samstagabendtauglich niedlich, heiter eben und ohne die Härten des Lebens auf den Weg gebracht. Aber wenn so ein Film von dem mexikanischen Regisseur Alejandro González Iñárritu stammt, entfaltet dieses harmlose Wort eine geradezu infame Wirkung. Zumal wenn dieser Film den Abschluss einer Trilogie bildet, die den Themen Gewalt, Tod und menschliche Abgründe gewidmet ist. Filme von Iñárritu gehen an die Schmerzgrenze, was Zuschauer an geduldig zelebriertem Leid ertragen könnten, dabei langweilen sie niemals, nicht für eine Sekunde. Babel lotet aus, welche hässliche Macht der Zufall über unser Leben hat, wie eine kleine falsche Entscheidung Verhängnis nach sich zieht. In Marokko, San Diego und Tokio spielen sich tragische Geschichten ab, die auf eine vertrackte, geradezu unheimliche Weise miteinander verbunden sind.

Ein Mann für gewisse Stunden

Thrillerdrama, RBB, Samstag, 23.30 Uhr

Kaum ein Film kann so als Visitenkarte für die Karriere eines Filmstars herhalten wie dieser elegant inszenierte Thriller von Paul Schrader, mit dem Richard Gere 1980 den ersten Schritt zum Weltruhm unternommen hat. Geres sanfte Ausstrahlung, gepaart mit einer Attraktivität, die haarscharf an der belanglosen Schönheit eines Dandys vorbeischrammt, hat sich beispielhaft in dieser ersten großen Rolle als Gigolo in Los Angeles gespiegelt: Blasiertheit, Empfindsamkeit, Liebenswürdigkeit und Genusssucht sind die Merkmale eines Mannes, dem der Mord an einer Kundin zur Last gelegt wird. Julian Kaye ist in eine Falle getappt, und Schrader erzählt von Kayes verzweifeltem Kampf um den Beweis seiner Unschuld mit der Nonchalance des Jazz und viel Sinn für die Melancholie einer einsamen Existenz.

The Score

Gangsterdrama, ZDF Neo, Samstag, 21.45 Uhr

Diese Gangsterballade von Frank Oz ermöglicht ein Wiedersehen mit Marlon Brando. Ein letzter Salut, bevor er 2004 starb. Man braucht gar nicht zu streiten, ob dieser Film über ein ungleiches Gaunerduo zu den großen Werken zählt, in denen Brando aufgetreten ist. Nein, das tut er nicht. Aber eine lohnende Sache ist The Score allein schon wegen Robert De Niro als Nick, einem von den Tricks und Gefahren seines Metiers müde gewordenen Meisterdieb, und der Leichtigkeit, mit welcher der schwergewichtige Brando seine Auftritte als Auftraggeber Nicks absolviert, oft mit improvisierten Dialogen, am liebsten in Abwesenheit des für seinen Klamauk berüchtigten Regisseurs. Lohnend auch das Vater-und-Sohn-Drama um Nick und den jungen Gauner Jack (Edward Norton), der ihm zur Seite gestellt wird und so auf die Nerven geht wie wohl Oz dem alten Brando.

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