Fernsehen:Deal mit Folgen

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Viele Produzenten wollten die erste deutsche Netflix-Serie machen. Jetzt haben sich die Amerikaner entschieden.

Von Karoline Meta Beisel

Wenn sich die Gäste auf einer Party nichts mehr zu sagen haben, aber auch noch nicht nach Hause gehen wollen, ist die Stunde für "Wer bin ich" gekommen. Man klebt einander Zettel an die Stirn; Post-its, wenn es eine Betriebsfeier ist, Zigarettenpapierchen in der Raucherecke. Darauf der Name einer Figur, die der Beklebte dann erraten muss.

Nun gibt es auf der Berlinale nicht allzu viele Empfänge, auf denen man dringend bleiben möchte, wenn der offizielle Teil vorüber ist. Personenraten wurde trotzdem auf jeder Party gespielt: Wer ist der Produzent, den Netflix mit seiner ersten deutschen Serie beauftragt hat? Seit der amerikanische Streamingdienst 2014 in Deutschland an den Start gegangen ist, wartete man auf diese Nachricht - und nicht wenige deutsche Fernsehmacher hätten wohl gerne den Zuschlag bekommen. Man muss aber vielleicht einräumen, dass zuletzt eher die Branche gewartet hat als der Zuschauer, der mittlerweile weiß, dass zwar fast alles, was von Netflix kommt, hübsch glitzert, manchmal aber auch nur schön eingepackt ist.

Nun soll die Entscheidung also gefallen sein. Die Produzenten Max Wiedemann und Quirin Berg haben offenbar den Zuschlag bekommen - auch wenn weder Netflix noch die Produktionsfirma selbst die Nachricht bisher bestätigen wollten.

Vom Profil her passen die beiden Münchner aber zum Streaminganbieter. Netflix' Hauptanliegen ist es ja nicht, die deutschen Fernsehsender das Fürchten zu lehren (auch wenn sie es trotzdem tun, ein bisschen jedenfalls). Die Firma will vor allem Geld verdienen, und das am liebsten weltweit. Das Leben der Anderen, für den Wiedemann & Berg im Jahr 2007 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film gewannen, gehört zu den international erfolgreichsten deutschen Filmen der jüngeren Vergangenheit - mit diesem Titel lässt sich auch im Ausland werben.

Außerdem sucht Netflix für seine Serien vornehmlich Stoffe aus, die nur im jeweiligen Produktionsland spielen können: Im Juni erscheint die französische Serie Marseille mit Gérard Depardieu, in London entsteht das Historiendrama The Crown über das britische Königshaus. In Ingobernable, das der Dienst vornehmlich für das spanischsprachige Publikum produziert, geht es um die Frau des mexikanischen Präsidenten. Wiedemann & Berg haben erst am Mittwoch die Serie Vier Blocks über einen arabischen Clan in Berlin-Neukölln angekündigt. Und Ende März läuft im Ersten die in ihrer Firma entstandene Trilogie über die Terrorgruppe des Nationalsozialistischen Untergrunds.

Angeblich soll auch der Regisseur schon feststehen: der Schweizer Baran bo Odar, der gerade in Hollywood mit Jamie Foxx gedreht hat. Auf diesen Namen zumindest hätte man kommen können. Im Januar hatte Netflix-Chef Reed Hastings dem Branchenmagazin Journalist gesagt, er habe gerade einen hervorragenden deutschen Hacker-Film gesehen. "Nach genau solchen ungewöhnlichen Stoffen halten wir Ausschau", sagte er. Regisseur des Films war Baran bo Odar, die Produzenten Wiedemann & Berg. Und der Name des Films: Who am I. Diese Frage zumindest wäre jetzt schon einmal beantwortet.

© SZ vom 20.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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