"Dunja Hayali" über Anti-Corona-Demo:Zurück bleibt der Eindruck von Wut

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Großdemonstration gegen Corona-Auflagen in Berlin. (Foto: Stefan Zeitz/imago images)

In ihrer Sendung zeigt Dunja Hayali Ausschnitte eines selbstgedrehten Handyvideos von einer "Querdenker"-Demo. Es dokumentiert eine entfesselte Menge.

Von Philipp Bovermann

Wie schön so ein Fernsehstudio aussehen kann. Wie behaglich und sicher. Das Licht ist dort, wo es hingehört, die Mikrofone sind ordentlich eingepegelt. Armin Laschet hat Puder im Gesicht. Katja Kipping will auch was sagen. Keiner ruft dazwischen, nichts stört den Sendeablauf - in den Ohren mancher Menschen klingt das bereits nach Medien, die sich wahlweise von der politischen Führung an der Nase herumführen lassen oder eine eigene Agenda verfolgen.

Vielleicht haben einige, die so denken, am Donnerstagabend die Sendung von Dunja Hayali im ZDF eingeschaltet. Weil sie wissen wollten, was nun mit dem Material passiert ist, das die Journalistin und ihr Team bei der "Querdenker"-Demo am vergangenen Samstag in Berlin gedreht haben. Dort war Hayali unterwegs, um mit den Demonstrierenden ins Gespräch zu kommen, musste den Dreh aber irgendwann abbrechen. Sie wurde beschimpft und bedroht. Zu sehen ist das auf einem Handyvideo, das Hayali auf ihrem Weg durch die Menge drehte und später bei Instagram veröffentlichte: "Lügenpresse"-Rufe, immer wieder Menschen, die sie bitten, objektiv zu berichten, nicht wieder alles zurecht zu schneiden, um die Demonstranten zu diffamieren.

In dem Beitrag, der in der Sendung eingespielt wird, beschreibt Hayali nun ganz nüchtern - wie auch sonst? - die bunte Mischung aus Verschwörungsgläubigen, Hippies, Rechtsextremen, Impfgegnern und anderen Menschen, die sich etwa durch die Maskenpflicht gegängelt fühlen. Sie spricht mit einer Expertin für Rechtsextremismus, die vor der Offenheit dieser Bewegung nach ganz rechts warnt. Sie spricht mit Gegendemonstranten. Vor allem aber kommen die Demonstranten selbst zu Wort.

Eine Frau, die in dem Instagram-Video angekündigt hatte, die Sendung sehen zu wollen, darf nun in Hayalis Sendung live von ihren negativen "Erfahrungswerten" mit den Öffentlich-Rechtlichen berichten. Dass sie die Dreharbeiten und ihren Abbruch live dokumentiert hat, erwähnt Hayali am Donnerstagabend nicht. Etwa sechs Minuten dauert der Demo-Beitrag. Dann dürfen wieder Laschet und Kipping reden.

Es lohnt, sich das Video von der Demo anschließend nochmal anzuschauen. Es ist buchstäblich aus der Hüfte geschossen, ein Gewirr von Stimmen gelangt ungerichtet in das Mikrofon, häufig ist Hayali nicht zu verstehen, die Kamera dreht sich rastlos hin und her. Man nimmt nicht viel mit außer einem Eindruck, der durch Mark und Knochen geht: die Wut.

Es ist darum wichtig, dass das Video in den Kontext von Hayalis Sendung eingebettet wurde und nicht nur verloren auf Instagram herumsteht. Der Donnerstagabend zeigte, wie schön es sein kann, ein Gespräch total elitär und exklusiv zu führen. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig gibt Einblicke in das, was ihre jüngst überstandene Brustkrebs-Erkrankung mit ihr und ihrer Familie gemacht hat. Auf Hayalis Frage, wie viel Schwäche man sich in der Politik erlauben dürfe, "gerade auch als Frau", sagt Schwesig: "Man darf sich gar keine Schwäche in der Politik erlauben." Eine kurze Ahnung von dem, was es bedeutet, Ministerpräsidentin zu sein, rauscht da vorbei. Der ungeschnittene Videobeweis, die totale, ungefilterte Nähe kann so etwas nicht herstellen. Dafür braucht es eine gute Frage in einem schön ausgeleuchteten Studio.

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